Zierpflanzen

Stauden und Gräser im Herbst: Schneiden oder stehen lassen?

Der Oktober bringt für viele Gärtner das vertraute Gefühl, den Garten für den Winter „aufräumen“ zu wollen. Doch bei Stauden und Gräsern ist Zurückhaltung oft die bessere Wahl. Die meisten dieser Pflanzen profitieren deutlich mehr vom Stehenlassen als vom sofortigen Rückschnitt – sowohl für die Pflanzengesundheit als auch für die Unterstützung heimischer Tierwelt.

Der richtige Zeitpunkt: Oktober als Wendepunkt

Ab dem 1. Oktober ist ein radikaler Rückschnitt wieder gesetzlich erlaubt, da das Bundesnaturschutzgesetz zum Schutz brütender Vögel von März bis September größere Schnittmaßnahmen verbietet. Dennoch bedeutet dies nicht automatisch, dass jetzt alle Pflanzen geschnitten werden sollten. Der Herbst ist grundsätzlich keine ideale Schnittzeit für die meisten Stauden und Gräser.

Warum der Herbstschnitt oft problematisch ist

Jeder Schnitt bedeutet eine Wunde für die Pflanze. Im Herbst fahren Stauden und Gräser ihren Stoffwechsel herunter und bereiten sich auf die Winterruhe vor. Schnittstellen können nicht mehr optimal versorgt werden und bleiben ungeschlossen. Dies macht die Pflanzen anfälliger für Pilzerkrankungen und andere Schädlinge, da Erreger leichter eindringen können.

Stauden: Die meisten lieber stehen lassen

Bei Stauden gilt die Faustregel: Nur etwa 5% aller Stauden müssen oder sollten im Herbst geschnitten werden. Der Großteil profitiert vom Verbleib der oberirdischen Pflanzenteile über den Winter.

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Diese Stauden dürfen im Oktober geschnitten werden

Krankheitsanfällige Stauden sind die Ausnahme von der Regel und können im Herbst zurückgeschnitten werden:

  • Phlox (Flammenblume): Nach der Blüte etwa eine Handbreit über dem Boden schneiden
  • Rittersporn: Profitiert von einem Herbstschnitt nach dem Verblühen
  • Stockrosen: Diese verausgaben sich stark während der Blüte und sollten geschnitten werden
  • Funkien (Hosta): Können bei unschönem Aussehen bodennah geschnitten werden
  • Chrysanthemen: Sofortiger Schnitt nach der Blüte verhindert das Ausfrieren durch umfallende Triebe
Hosta zurückschneiden

Verwelkte Blätter an Hostas können zurückgeschnitten werden

Stauden, die unbedingt stehen bleiben sollten

Die große Mehrheit der Stauden sollte bis zum Frühjahr ungeschnitten bleiben:

Immergrüne Stauden wie Bergenie, Schleifenblume und winterharte Storchschnabel-Arten behalten ihr Laub und würden durch einen Schnitt stark geschädigt.

Stauden mit attraktiven Samenständen bieten sowohl optischen als auch ökologischen Wert:

Frühjahrsblühende Stauden dürfen keinesfalls im Herbst geschnitten werden, da dies die Blütenbildung im nächsten Jahr hemmt.

Prachtkerze zurückschneiden

Die trockenen Stängel der Prachtkerze können bedenkenlos zurückgeschnitten werden

Wichtige Schnittregeln für Stauden

Falls ein Herbstschnitt unumgänglich ist, sollten spätestens im Oktober und nur bei frostfreiem Wetter geschnitten werden. Die Schnittstellen brauchen Zeit zum Verheilen, bevor der erste Frost einsetzt. Nie zu tief schneiden – etwa eine Handbreit über dem Boden genügt.

Ein Rückschnitt ist auch immer dann ratsam, wenn das Risiko besteht, dass Fäulnis auf gesunde Pflanzenteile übergreift.

  • Abgestorbene oder matschige Teile, die sich sichtbar zersetzen, sollten entfernt werden. Sie fördern sonst Pilzkrankheiten und sehen ungepflegt aus.
  • Entfernte Reste können auf den Kompost, solange sie gesund sind und keinen Pilzbefall zeigen.
  • Stauden mit standfesten, stabilen Stängeln kann man meist bedenkenlos stehen lassen.
Rückschnitt Fetthenne

Fetthennen können im Herbst ausgegraben, geteilt und dabei direkt zurückgeschnitten werden

Gräser: Zusammenbinden statt Schneiden

Ziergräser sollten grundsätzlich nicht im Herbst geschnitten werden. Die trockenen Halme erfüllen wichtige Funktionen als natürlicher Winterschutz und sehen mit Raureif überzogen sehr dekorativ aus.

Sommergrüne Gräser richtig überwintern

Sommergrüne Gräser wie Pampasgras, Chinaschilf, Lampenputzergras und Rutenhirse werden zusammengebunden, aber nicht geschnitten:

  • Zeitpunkt: Vor den ersten Nachtfrösten bei trockenem Wetter
  • Material: Sisal-, Kokos- oder Bastschnur verwenden – niemals Folie
  • Technik: Den gesamten Horst aufrecht zusammenbinden, idealerweise mit mehreren Bindestellen
  • Schutzfunktion: Die zusammengebundenen Halme bilden ein schützendes Dach über dem Wurzelstock und leiten Feuchtigkeit ab

Immergrüne Gräser: Nur ausputzen

Immergrüne Gräser wie Seggen, Blauschwingel oder Schlangenbart werden nicht zurückgeschnitten, sondern nur ausgeputzt. Dabei werden einzelne vertrocknete Halme vorsichtig herausgezogen und braune Blattspitzen entfernt.

Der richtige Schnittzeitpunkt für Gräser

Alle sommergrünen Gräser werden erst im Spätwinter bis frühen Frühjahr geschnitten – idealerweise zwischen Februar und März, bevor der neue Austrieb beginnt. Ein zu später Schnitt kann die nachwachsenden Halme beschädigen.

Entwicklung von Pampasgras als Illustration

Ökologische Aspekte: Warum Stehen lassen nachhaltiger ist

Das Belassen von Stauden und Gräsern über den Winter unterstützt die Biodiversität auf vielfältige Weise und entspricht nachhaltigen Gartenprinzipien.

Winterquartiere für Insekten

In hohlen Stängeln überwintern unzählige nützliche Insekten. Besonders wichtige Nützlinge wie Marienkäfer und Florfliegen sind auf diese Winterquartiere angewiesen.

Vogelfutter aus dem eigenen Garten

Samenstände bieten energiereiche Nahrung für überwinternde Vögel. Besonders Finken, Distelfinken und Meisen schätzen die Samen von Sonnenhut, Astern und Gräsern als wichtige Futterquelle in der nahrungsarmen Winterzeit.

Ein Stieglitz frisst Samen der Wiesen-Flockenblume

Ein Stieglitz frisst Samen der Wiesen-Flockenblume

Natürlicher Pflanzenschutz

Die abgestorbenen Pflanzenteile schützen den Wurzelbereich vor Frost und extremen Temperaturschwankungen. Sie wirken wie eine isolierende Decke und verhindern das gefährliche Hochfrieren der Wurzeln bei frostfreien Phasen.

Nachhaltige Alternativen beim Umgang mit Pflanzenresten

Statt alles zu entsorgen, können Pflanzenreste sinnvoll im Garten verwertet werden – ganz im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Kompostierung als ökologische Lösung

Kranke oder bereits umgefallene Pflanzenteile eignen sich hervorragend für den Kompost. Hier verwandeln sie sich in wertvollen Humus und natürlichen Dünger. Wichtig: Nur gesunde Pflanzenreste ohne Pilzbefall verwenden.

Mulchen mit eigenem Material

Zerkleinerte Stauden- und Gräserreste ergeben natürlichen Mulch:

  • Schützt den Boden vor Austrocknung
  • Unterdrückt Unkraut auf natürliche Weise
  • Reichert den Boden mit Nährstoffen an
  • Spart teure Mulchmaterialien

Strukturmaterial für Benjeshecken

Größere Äste und stärkere Staudenreste können zu Benjeshecken aufgeschichtet werden. Diese bieten weiteren Tieren Lebensraum und schaffen naturnahe Strukturen im Garten.

Laub als wertvolle Ressource

Herbstlaub sollte nicht entsorgt, sondern im Garten belassen werden. Es dient als natürlicher Winterschutz für Pflanzen, Lebensraum für Kleintiere und verwandelt sich langfristig in wertvollen Humus.

Praktische Tipps für den nachhaltigen Herbstschnitt

Was kann geschnitten werden

  • Matschige, umgefallene Pflanzenteile entfernen und kompostieren
  • Kranke Pflanzenteile bodennah abschneiden und entsorgen (nicht kompostieren)
  • Stark wuchernde immergrüne Stauden bei Bedarf in Form bringen

Das richtige Werkzeug und Vorgehen

Sauberes, scharfes Werkzeug verwenden, um Infektionen zu vermeiden. Bei frostfreiem Wetter und idealerweise an sonnigen Tagen arbeiten. Handschuhe tragen, da viele Gräser scharfkantige Blätter haben.

Schnitthöhe beachten

Falls geschnitten wird, etwa 10-15 cm über dem Boden bleiben lassen. Dies schützt die Überwinterungsknospen und bietet zusätzlichen Frostschutz.

Ausblick: Der richtige Zeitpunkt im Frühjahr

Der Hauptschnitt von Stauden und Gräsern erfolgt im Frühjahr – idealerweise zwischen März und April, wenn die Gefahr strenger Fröste vorüber ist. Dann haben überwinternde Insekten bereits ihre Winterquartiere verlassen, und die neuen Triebe sind noch nicht so weit entwickelt, dass sie beim Schnitt beschädigt werden können.

Wer seinen Garten nachhaltig und naturfreundlich gestalten möchte, praktiziert im Herbst die „Kunst des Nichtstuns“. Die vermeintliche Unordnung verblühter Stauden und zusammengebundener Gräser entpuppt sich als wertvoller Lebensraum und natürlicher Winterschutz – ein perfektes Beispiel dafür, wie weniger Eingriff zu mehr Biodiversität führt.

Bilder: Kate Stock / stock.adobe.com