Rückschnitt im Hochsommer: Für mehr Blütenpracht und vitalen Neuaustrieb
Der Juli ist ein entscheidender Monat für den Gartenschnitt. Während die meisten Hobbygärtner denken, dass Pflanzen nach ihrer Hauptblüte Ruhe brauchen, ist genau das Gegenteil der Fall: Ein gezielter Rückschnitt im Juli kann vielen Pflanzen zu einer zweiten Blütezeit verhelfen und gleichzeitig ihr Wachstum für das kommende Jahr optimieren. Diese Schnittmaßnahmen sind weit mehr als nur Pflege – sie sind der Schlüssel zu einem länger blühenden und gesünderen Garten.
Die Wissenschaft hinter dem Sommerschnitt
Die Wirksamkeit des Julischnitts beruht auf den natürlichen Wachstumszyklen der Pflanzen. Nach der ersten Blüte leiten viele Gewächse ihre Energie in die Samenbildung um, was ihre Kraft für weitere Blüten reduziert. Durch den rechtzeitigen Rückschnitt wird dieser Prozess unterbrochen, und die Pflanze investiert ihre Ressourcen stattdessen in neues Wachstum und Blütenbildung.
Bei remontierenden Stauden – Pflanzen mit der Fähigkeit zur Nachblüte – dauert es nach dem Rückschnitt etwa sechs bis acht Wochen bis zur erneuten Blüte. Der Erfolg hängt entscheidend vom Zeitpunkt ab: Sobald der erste Flor welkt, sollte der gesamte Blütenstängel eine Handbreit über dem Boden abgeschnitten werden.
Obstgehölze: Der sommerliche „Juniknip“
Apfelbäume richtig schneiden
Der Sommerschnitt bei Apfelbäumen, auch „Juniknip“ genannt, ist eine der wichtigsten Pflegemaßnahmen zwischen Ende Juni und Mitte Juli. Dabei werden hauptsächlich die sogenannten Wasserschosse – senkrecht wachsende, einjährige Triebe – entfernt. Diese Triebe entziehen dem Baum unnötig Kraft und beschatten die Früchte.
Bei diesem Schnitt sollten die unverzweigten Spitzen des Leittriebs und der Seitenäste über einer nach unten gerichteten Knospe eingekürzt werden. Wasserschosse werden am besten herausgerissen statt geschnitten, da nur so verhindert wird, dass der Baum an derselben Stelle erneut austreibt.

Alle 3 bis 5 Jahre unterziehen Sie Ihren Apfelbaum einem beherzten Schnitt. Entfernen Sie Totholz, senkrechte Wasserschosse und nach innen wachsende Triebe. Herabhängendes, stark verästeltes Fruchtholz wird verjüngt durch einen Ableitungsschnitt.
Beerenobst nach der Ernte schneiden
Beeren profitieren nach der Ernte besonders vom Rückschnitt:
- Sommerhimbeeren: Abgeerntete Ruten bodennah entfernen; maximal zehn starke Hauptruten stehen lassen.
- Johannisbeeren: Haupttriebe älter als drei Jahre an der Basis entfernen; schwache und bodennahe Triebe einkürzen, zehn bis zwölf Triebe stehen lassen.
- Stachelbeeren: Kräftiger Rückschnitt auf sechs bis acht Haupttriebe, die nicht älter als vier Jahre sein sollten.
Tipp
Rote und weiße Johannisbeeren werden ab dem dritten Standjahr nach der Ernte im Sommer geschnitten, um ältere Triebe zu entfernen und einjährige Seitentriebe an zwei- bis dreijährigem Holz zu fördern. Schwarze Johannisbeeren schneidet man im zeitigen Frühjahr, wobei vor allem das alte Holz stark zurückgenommen wird, um einjährige Langtriebe zu fördern, die den besten Fruchtertrag bringen. Ein Verjüngungsschnitt bei vergreisten Sträuchern erfolgt im Spätwinter, unabhängig von der Sorte.

Sommer-Himbeeren: Im Anschluss an die sommerliche Ernte schneiden Sie alle abgetragenen Ranken ab. Die zehn besten diesjährigen Ruten binden Sie an der Rankhilfe an. Im März des Folgejahres schneiden Sie diese Ruten auf 150 bis 180 Zentimeter zurück.
Ziergehölze: Formschnitt und Blütenförderung
Frühjahrsblüher nach der Blüte schneiden
Forsythien, Blutjohannisbeeren und Ranunkelsträucher werden spätestens im Juli zurückgeschnitten. Diese frühblühenden Gehölze entwickeln ihre Blütenknospen bereits im Sommer am letztjährig gewachsenen Holz. Ein Schnitt nach dem Winter würde die bereits angelegten Blüten entfernen.
Forsythien erhalten alle zwei bis drei Jahre einen Auslichtungsschnitt, idealerweise Mitte bis Ende April nach der Blüte. Dabei werden die ältesten, stark verästelten Äste entweder bodennah oder hinter einem jungen, vitalen Trieb abgeschnitten.
Formgehölze in Hochform
Buchsbaum und Kirschlorbeer profitieren ebenfalls von gezielten Sommerschnitten:
- Buchsbaum: Im Juli Formschnitt durchführen; erhält die Form bis in den Herbst.
- Kirschlorbeer: Ende Juni nach der Blüte mit Hand-Heckenschere schneiden; schont die großen Blätter und beugt Krankheiten vor.
Stauden: Der Remontierschnitt für doppelte Blütenpracht
Die Champions der Nachblüte
Besonders erfolgreich ist der Remontierschnitt bei diesen Stauden:
- Rittersporn: Nach der ersten Blüte eine Handbreit über dem Boden abschneiden; hohle Stängel knicken, um Fäulnis zu vermeiden.
- Phlox: Verblühte Dolden rechtzeitig entfernen, um Nachblüte bis in den Herbst zu fördern.
- Lavendel: Ende Juli bis Mitte August oberes Drittel der Triebe entfernen, nicht ins alte Holz schneiden.
Duftstauden richtig schneiden
Auch Katzenminze, Frauenmantel und Lupinen danken den Sommerschnitt mit weiterer Blütenpracht:
- Katzenminze: Im Juli-August auf Hälfte bis ein Drittel einkürzen; ggf. später noch einmal schneiden.
- Frauenmantel: Nach der Blüte kurz über dem Boden abschneiden, um zweite Blüte im September zu fördern.
- Lupinen: Etwa 5 cm unterhalb des Blütenansatzes schräg schneiden; kräftige Pflanzen dürfen tiefer geschnitten werden.
Kletterpflanzen: Kontrolle und Blütenförderung
Weinreben auslichten
Weinreben benötigen im Juli einen Sommerschnitt zur Auslichtung. Fruchttragende Ranken werden auf vier bis fünf Blätter hinter dem letzten Fruchtansatz zurückgeschnitten. Sehr lange, kräftige Geiztriebe in den Blattachseln werden ebenfalls entfernt.
Blauregen bändigen
Blauregen wird im Juli kräftig eingekürzt, um die Blütenbildung für das nächste Jahr zu fördern. Alle Seitentriebe werden auf 5–6 Augen (etwa 30–50 cm Länge) zurückgeschnitten. Nachwachsende Triebe danach per Hand ausbrechen, nicht schneiden.
Die richtige Technik und Nachsorge
Werkzeug und Zeitpunkt
- Scharfe, desinfizierte Gartenscheren verwenden
- Schneiden bei trockenem, bewölktem Wetter um 20°C
- Nicht bei Sonnenschein oder Regen schneiden
Pflege nach dem Schnitt
- Ausreichend wässern – besonders bei starker Sonne
- Düngen – insbesondere bei Starkzehrern wie Rittersporn und Phlox
- Mulchen – schützt Boden vor Austrocknung und unterdrückt Unkraut
Timing ist entscheidend
Der Erfolg des Julischnitts hängt entscheidend vom richtigen Zeitpunkt ab. Wird zu früh geschnitten, wenn die Pflanzen noch in voller Blüte stehen, verschenkt man unnötig Blütenpracht. Wartet man zu lange, bis die Samenbildung bereits eingesetzt hat, fällt die Nachblüte spärlicher aus.
Die Faustregel lautet: Sobald die ersten Blüten welken und bevor die Samen reifen, ist der ideale Zeitpunkt erreicht. Bei den meisten Stauden liegt dieser zwischen Mitte Juli und Anfang August.
Ökologischer Nutzen
Der Remontierschnitt hat auch wichtige ökologische Bedeutung. Remontierende Stauden verlängern durch ihre zweite Blüte das Nahrungsangebot für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten bis weit in den Herbst hinein. Gleichzeitig werden mit dem Schnittgut eventuelle Krankheitserreger entfernt, was zu gesünderen Pflanzen führt.