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Wanzen oder Käfer? So erkennen Sie die Unterschiede

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Die Frage steht im Raum, seit man in 2007 die Ritterwanze zum Insekt des Jahres kürte. Dieses prachtvolle, rot-schwarze Insekt muss ein Käfer sein – oder nicht? Licht ins Dunkel bringt dieser Ratgeber mit Hinweisen zu fünf wichtigen Unterschieden. Tauchen Sie ein in die bunte Vielfalt heimischer Wanzen und lernen Sie die verkannten Naturschönheiten treffsicher zu bestimmen.

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Wanzen unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen von Käfern
AUF EINEN BLICK
Worin unterscheiden sich Wanzen und Käfer?
Wanzen und Käfer sind verschiedene Insektengruppen: Wanzen besitzen einen Saugrüssel, Flügel und Duftdrüsen, ernähren sich nur von Flüssigkeiten und bringen Nymphen hervor. Käfer hingegen haben Beiß- und Kauwerkzeuge, gepanzerte Deckflügel, konsumieren feste und flüssige Nahrung, stinken nicht und produzieren Larven als Nachkommen.
  • Wanzen sind keine Käfer.
  • Wanzen haben Saugrüssel, Flügel, Duftdrüsen, ernähren sich ausschließlich flüssig und bringen Nymphen als Nachkommen hervor.
  • Käfer haben Beiß- und Kauwerkzeuge, gepanzerte Deckflügel, nehmen feste und flüssige Nahrung zu sich, stinken nicht und bringen Larven als Nachkommen hervor.

Wanzen sind keine Käfer – 5 Unterschiede

Ein Blick auf untenstehende Tabelle genügt und Sie werden Wanzen und Käfer nie wieder in einen Topf werfen. Nach einer gemeinsamen Klassifizierung als Insekten (Insecta), Unterklasse Fluginsekten (Pterygota), trennen sich bereits die Wege der beiden Sechsfüßler in Wanzen (Heteroptera) und Käfer (Coleoptera). Diese botanische Kategorisierung schlägt sich nieder in 5 signifikanten Unterschieden, die auch einem Insekten-Laien nicht verborgen bleiben.

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Unterschiede Wanzen Käfer
Mundwerkzeug Saugrüssel Beiß- und Kauwerkzeuge
Flugapparat Flügel Panzer bedecken Flügel
Duftdrüsen ja nein
Nahrung flüssig fest und flüssig
Nachkommen Nymphen Larven

Bitte beachten Sie, dass diese Tabelle keinen Anspruch stellt auf wissenschaftliche Relevanz. Unter mehr als 40.000 Wanzen-Arten und 360.000 Käfer-Arten auf unserem Planeten gelten zahlreiche Ausnahmen von der Regel. Ziel dieser Tabelle ist ein informativer Überblick für Insekten-Amateure zu herausragenden Unterschieden zwischen Wanzen und Käfern.

Unterscheidungsmerkmal Mundwerkzeug

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Wanzen haben einen Saugrüssel, über den sie ihre Nahrung aufnehmen

Wanzen besitzen einen Saugrüssel. Das sogenannte Rostrum besteht aus zwei dünnen Röhrchen und ist zumeist unter dem Körper eingeklappt. Zwecks Nahrungsaufnahme fährt der Saugrüssel aus. Über das eine Röhrchen injiziert die Wanze in ihre Nahrung einen Verdauungssaft. Die Speise zersetzt sich und wird über das zweite Röhrchen aufgesaugt.

Käfer bedienen sich eines Beiß- und Kauwerkzeugs für die Nahrungsaufnahme.

Flugapparat macht den Unterschied

Maßgeblicher Unterschied zwischen Wanzen und Käfern ist der Flugapparat. Der Flügelbau beim Käfer setzt sich zusammen aus zwei Flügelpaaren. Die festen, panzerartigen oder weichen Deckflügel schützen ein filigranes, transparentes Flügelpaar. Die Hautflügel sind nur sichtbar, wenn die Käfer fliegen. Bei flugunfähigen Käfern sind die verhärteten Deckflügel häufig zusammengewachsen, wie bei den meisten Laufkäfern oder einigen Rüsselkäfern.

Im Gegensatz dazu sind die Flügel von Wanzen stets sichtbar und zweiteilig zusammengesetzt. Die Vorderflügel sind hinten weich, vorne leicht verhornt und werden daher Halbdecken genannt. Die weichen Hinterflügel können Wanzen fächerförmig entfalten.

Verräterische Duftdrüsen

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Wanzen kommunizieren über und währen sich mit Duftdrüsen

Typisch für Wanzen ist ein spezieller Geruch. Die eingebauten Duftdrüsen erfüllen mehrere Aufgaben. Bei Gefahr spitzt dem Angreifer ein Wehrsekret entgegen, das übel stinken kann. Zahlreiche Wanzen verströmen einen fruchtigen Duft, um über diesen Weg mit Artgenossen zu kommunizieren.

Kriterium Nahrungsaufnahme

Der Aufbau ihrer Mundwerkzeuge deutet es bereits an. Wanzen nehmen ausschließlich Flüssignahrung zu sich. Käfer futtern auch feste Kost. Bei vielen Wanzen-Arten stehen Pflanzensäfte auf dem Speiseplan, häufig die nahrhafte Flüssigkeit reifer Samen. Lediglich die gefürchteten Bettwanzen ernähren sich von Blut. Deutlich variabler gestaltet sich die Ernährung von Käfern. Das Spektrum erstreckt sich von krautigen Pflanzen über Holz, Leder und Lebensmittel bis hin zu Aas und lebende Insekten.

Unterschiedliche Nachkommenschaft

Aus Wanzen-Eiern schlüpfen kleine Nymphen. Mit jeder Häutung werden die Mini-Wanzen ihren Eltern ähnlicher. Im Gegensatz dazu durchlaufen Käfer-Nachkommen eine vollständige Veränderung, Metamorphose genannt. Aus den Eiern schlüpfen winzige Larven, die keine Rückschlüsse erlauben auf die Art der Käfer-Eltern. Erst nach einer Verpuppung entschlüpft der Hülle ein fertiger Käfer.

Exkurs

Wanzen pfui Teufel? – von wegen Ungeziefer

Wanzen sind Insekten mit einem fürchterlich schlechten Ruf. Verantwortlich dafür sind Bettwanzen (Cimex lectularius). Eingeschleppt ins Haus machen die blutsaugenden Biester ihrem menschlichen Opfer im Bett das Leben zur Hölle. Damit haben wir das einzige Ungeziefer unter mehr als 40.000 Wanzen-Arten beim Namen genannt. Die große Mehrheit heimischer Wanzen schlürft lieber Pflanzensaft, saugt an Pilzsporen oder toten Insekten. Höchste Zeit, das schiefe Bild geradezurücken und Wanzen aus der Ungeziefer-Ecke herauszuholen.

Heimische Wanzen im Käfer-Look bestimmen

Etliche heimische Wanzen führen den Laien aufs Glatteis und kommen im Käfer-Outfit daher. Als Käfer-Doppelgänger federführend sind in Deutschland fünf Wanzen-Arten, die entweder schon immer heimisch sind oder eingeschleppt wurden. Anhand welcher Merkmale Sie Wanzen zuverlässig bestimmen, verdeutlicht folgende Tabelle:

Wanzen in Käfer-Optik Feuerwanze Streifenwanze Marmorierte Baumwanze Grüne Stinkwanze Amerikanische Wanzen-Käfer
Größe 6-12 mm 8-12 mm 12-17 mm 10-14 mm 16-21 mm
Farbe feuerrot rot ockerfarben marmoriert grün braun
Farbe Beine schwarz schwarz ocker bis braun grünlich-braun braun
Körperform oval flach, rundlich flach, blattförmig breit-oval länglich-oval
Besonderes Merkmal schwarzes Muster rot-schwarz gestreift lange, weiß geringelte Fühler dunkel gefleckter Hinterleib weiße Zickzack-Zeichnung
Botanischer Name Pyrrhocoris apterus Graphosoma lineatum Halyomorpha halys Palomena prasina Leptoglossus occidentalis
Zweitname Feuerkäfer Streifenkäfer Stinkwanze, Stinkkäfer Gemeiner Grünling Amerikanische Zapfenwanze
Familie Feuerwanzen Baumwanzen Baumwanzen Baumwanzen Randwanzen

Vertiefende Informationen für eine sachkundige Bestimmung dieser Käfer-ähnlichen Wanzen vermitteln die folgenden Kurz-Porträts.

Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus)

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Die Feuerwanze wird oft für einen Käfer gehalten

Feuerwanzen sind die am häufigsten mit Käfern verwechselten Insekten. Aus gutem Grund. Den flach-ovalen, roten Körper ziert ein kunstvolles, schwarzes Muster. Sechs schwarze Beine dienen der Fortbewegung, weil Feuerkäfer nicht fliegen können. Charakteristisch ist ein trapezförmiger, leuchtend roter Halsschild mit einem eckigen, schwarzen Makel in der Mitte. Fällt eine Feuerwanze auf ihren hübschen Rücken, zeigt sich eine schwarze Unterseite ohne nennenswerte Merkmale. Übrigens sieht die Feuerwanze ihrem berühmten Artgenossen, der Ritterwanze (Lygaeus equestris) täuschend ähnlich. Letztere ist zu unterscheiden an weißen Flecken auf dem rot-schwarz-gemusterten Körper.

  • Wann zu finden: April bis September
  • Wo zu finden: unter Bäumen und Malvengewächsen aller Art

Untenstehendes Video lädt Sie ein zu einem Streifzug durch das faszinierende Leben von Feuerwanzen.

Streifenwanze (Graphosoma lineatum)

Paradebeispiel einer Wanze im Käfer-Look ist die Streifenwanze. Sechs schwarze Längsstreifen zieren die rote oder orangerote Oberseite. Auf der Unterseite schmücken den roten Körper etliche schwarze Punkte. Kommt man harmlosen Streifenwanzen zu nahe, verströmen die Insekten ein Wehrsekret, das nach Äpfeln duftet.

  • Wann zu finden: April bis September/Oktober
  • Wo zu finden: im Garten an sonnigen Standorten mit Doldengewächsen

Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys)

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Die Marmorierte Baumwanze ist hübsch anzusehen, aber Vorsicht: Ihr Duftsekret hat es in sich!

Die Marmorierte Baumwanze ist einfach zu bestimmen an einem undurchsichtigen Teil der Flügeldecken mit dunkler bis ockerfarbener Marmorierung und geringelten, langen Fühlern. Am durchsichtigen Teil der Hinterflügel sind schwarze Striche zu erkennen. Am Schildchen zwischen den Flügeln und häufig auch am Halsschild befinden sich helle, gelbliche bis orangefarbene Schwielen.

  • Wann zu finden: März bis November
  • Wo zu finden: im Garten, im Wald, in der Wohnung

Tipp

Im Spätsommer gelangen Marmorierte Baumwanzen in Gebäude auf der Suche nach einem Winterquartier. In der Wohnung herrscht Ausnahmezustand, weil die Stinkwanzen ihrem Namen alle Ehre machen. Mit dem Glas-Trick bugsieren Sie ungebetenen Gäste wieder hinaus, ohne dass stinkendes Wehrsekret freigesetzt wird. Einfach ein Glas über die Insekten stülpen, ein Stück Papier unterschieben, nach draußen tragen und freilassen.

Grüne Stinkwanze (Palomena prasina)

Auf den ersten Blick sieht die Grüne Stinkwanze einem grünen Käfer zum Verwechseln ähnlich, wie dem grünen Schildkäfer. Hilfreich für eine fundierte Bestimmung ist ein dunkler Fleck am Hinterleib. Fernerhin verrät eine hauchzarte Punktierung auf dem grasgrünen, nicht glänzenden Körper, dass Sie einen Gemeinen Grünling vor sich haben. Wenn im Herbst die Temperaturen fallen, nehmen die Wanzen für einige Monate eine braune Farbe an zwecks besserer Tarnung.

  • Wann zu finden: Mai bis November
  • Wo zu finden: in Laubgehölzen, Streuobstwiesen, am Waldrand

Amerikanische Wanzen-Käfer (Leptoglossus occidentalis)

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Der Amerikanische Wanzen-Käfer kann ausgezeichnet fliegen

Amerikanische Wanzen-Käfer sind seit 2006 in Deutschland auf dem Vormarsch. Die auffallend großen Wanzen sind deutlich länger (16-21 mm), als breit (5-7 mm). Ins Auge fallen sehr lange Fühler sowie Hinterbeine mit einer markanten, blattartigen Verbreiterung. Die Wanzen-Käfer können ausgezeichnet fliegen. Bei geöffneten Flügeln ist eine gelb-orange Hinterleibszeichnung zu bewundern. Die rötlich-braunen Flügeldecken ziert ein schmales, weißes Zickzackmuster.

  • Wann zu finden: ganzjährig
  • Wo zu finden: im Garten an Nadelbäumen (Sommer), im Haus, auf dem Dachboden (Winter)

Häufig gestellte Fragen

Können alle Wanzen und Käfer fliegen?

Nein, die Flugfähigkeit ist kein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Wanzen und Käfern. In beiden Insekten-Kategorien gibt es flugfähige und flugunfähige Exemplare. So können die Käfer-ähnlichen Feuerwanzen nicht fliegen, die meisten Baumwanzen hingegen sind echte Flugakrobaten. Viele Rüsselkäfer bleiben lieben am Boden. Das hindert freilich die gefürchteten Borkenkäfer als Unterfamilie nicht an ausgiebigen Schwarmflügen zur Paarungszeit.

Gibt es Käfer, die aussehen, wie Wanzen?

Zwischen Wanzen und Käfern besteht Verwechslungsgefahr in beiden Richtungen. Ein nachvollziehbares Beispiel sind der 10 mm kleine Grüne Schildkäfer (Cassida viridis) aus der Familie der Blattkäfer und die ebenso große Grüne Stinkwanze (Palomena prasina) aus der Familie der Baumwanzen. Beide Insekten sind grün, breit-oval und leben vorzugsweise an Laubgehölzen.

Tipp

Raubwanzen machen kurzen Prozess mit Blattläusen, Spinnmilben, Thripsen und Weißen Fliegen. Die räuberischen Wanzen sind so erfolgreich in der biologischen Schädlingsbekämpfung, dass sie gezielt gezüchtet werden für den Verkauf. Auf je 50 Quadratmetern Befallsfläche sind 100 Raubwanzen erforderlich, um eine Plage im Garten, Gewächshaus, Wintergarten oder Haus zu vernichten. Geliefert wird die Wanzen-Schwadron als lebende Insekten in einem Bio-Behälter mit speziellem Trägermaterial und am Tag der Ankunft am Einsatzort in Stellung gebracht.

Bilder: Rudi Vandeputte / Shutterstock