Kermesbeeren

Kermesbeere: Giftige Staude bekämpfen oder nutzen?

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Die Kermesbeere wird verteufelt als giftige Staude, die sich im Garten mit raumgreifenden Wurzeln und massenhaft Samen invasiv ausbreitet. Für naturnahe Hobbygärtner hat eine prächtige Phytolacca mit malerischen Blütenkerzen und dunkelroten Beeren auch ihre guten Seiten. Sollte man eine Kermesbeere nun bekämpfen oder nutzen? Lesen Sie hier, wie Sie eine invasive Kermesbeere natürlich bekämpfen, sachkundig gegen Schnecken einsetzen und essbare Pflanzenteile bekömmlich zubereiten.

kermesbeere
Die Kermesbeere bildet attraktive, dunkelrote Beeren aus
AUF EINEN BLICK
Kermesbeere bekämpfen oder nutzen?
Sollte man die giftige Kermesbeere bekämpfen oder nutzen? Eine Kermesbeere kann natürlich bekämpft werden, indem man Wurzeln ausgräbt, Jungpflanzen jäten, verwelkte Blüten entfernt und Fruchtstände rechtzeitig abschneidet. Zermahlene Kermesbeeren-Samen dienen als Schneckenabwehr und gekochte Blätter können als Gemüse zubereitet werden.

Steckbrief

  • Wissenschaftlicher Name: Phytolacca
  • Wuchstyp: Staude
  • Wurzel: Pfahlwurzel
  • Giftigkeit: giftig+
  • Wuchs: invasiv
  • Wuchshöhe: 100 – 300 cm
  • Blütenform: kerzenförmige Traube
  • Blütezeit: Juni bis September
  • Frucht: Beere
  • Standort: sonnig bis halbschattig
  • Winterhärte: winterhart bis -23,4° C
  • Verwendung: Naturgarten

Wurzel

Die Kermesbeere erobert ihr Revier mit einer fleischigen, rübenartigen, mehrköpfigen Wurzel bis in 50 Zentimetern Tiefe. Von dieser Hauptwurzel zweigen bis zu 200 Zentimeter lange Seitenwurzeln ab. Aus diesem Wurzelsystem schöpft die Staude ihre Kraft für ein mannshohes Wachstum. Somit zählt die Kermesbeere zur Riege der größten Stauden und bewegt sich auf Augenhöhe mit giftigem Riesen-Bärenklau Nach dem ersten Frost zieht sich eine Phytolacca in ihren Wurzelstock zurück, während die oberirdischen Pflanzenteile absterben.

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Giftigkeit

Die Kermesbeere ist durchströmt von verschiedenen Giftstoffen. Die Wirkung toxischer Saponine ist eine starke Reizung der Schleimhäute. Giftige Lektine verursachen massive Magen- und Darmbeschwerden sowie Kreislaufschwankungen bis hin zum Atemstillstand. Am giftigsten sind Wurzeln und Samen. Es folgen unreife, noch grüne Beeren sowie Sprossachse und Triebe. Der geringste Anteil an Giftstoffen ist enthalten in jungen Blättern und vollreifen Beeren. Für Erwachsene essbar sind gekochte Blätter und reife Beeren einer Phytolacca acinosa.

Von den beiden häufigsten Kermesbeeren-Arten in Mitteleuropa ist die Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana) sehr viel giftiger, als die Asiatische Kermesbeere (Phytolacca acinosa), auch bekannt als Speise-Kermesbeere. Für Laien sehen sich beide Phytolacca zum Verwechseln ähnlich. Einziges Unterscheidungsmerkmal sind die Blütenstände. Die hochgiftige Amerikanische Kermesbeere ist zu erkennen an bogig überhängenden Blütenkerzen im Sommer und geneigten Fruchtständen im Herbst. Die harmlosere Asiatische Kermesbeere prahlt hingegen mit straff aufrechten Blüten- und Fruchtständen.

Video: Asiatische Kermesbeere aus der Nähe betrachtet

Wuchs

Mit invasivem Ausbreitungsdrang sorgt die Kermesbeere im Garten rasch für Ernüchterung. Zwei gnadenlose Vermehrungsstrategien machen die eingeschleppte Pflanze zum gefürchteten Neophyten. Eine einzige Kermesbeere produziert bis zu 32.000 Samen. Vögel, Wind und Wetter sorgen für eine flächendeckende Verteilung des Saatguts. Fernerhin gibt die Kermesbeere über ihre Wurzeln Giftstoffe ab, die das Wachstum benachbarter Pflanzen ausbremsen oder vollständig unterbinden. Wo der Neophyt verwildert, entstehen innerhalb kurzer Zeit dichte Dominanzbestände, die heimische Wildstauden verdrängen.

Verwendung

Naturnahe Hobbygärtner schätzen die Kermesbeere als prachtvolle Staude, die unwirtliche Standorte in verwunschene Plätze verwandelt. Allen negativen Eigenschaften zum Trotz punktet die Naturschönheit mit verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten. Folgende Tabelle gibt einen Überblick, wie sich eine Phytolacca im naturnahen Garten nützlich macht:

Zierpflanze Nutzpflanze
Naturgarten Schnecken bekämpfen
Bauerngarten Spinat-Ersatz
Bienenweide Färbemittel
Futterpflanze Vögel Homöopathisches Heilmittel

Ein authentischer Wildstaudencharakter macht die Kermesbeere zur beliebten Zierpflanze im Natur- und Bauerngarten. Die malerischen Blütenstände sind eine umschwärmte Bienenweide. Im Herbst und Winter füllen nahrhafte Beeren knurrende Vogelbäuchlein. Naturnahe Hobbygärtner schwören auf Kermesbeeren als effektives Bekämpfungsmittel gegen Schnecken. Gekochte Blätter schmecken nach Spinat. Als Färbemittel für Wolle, Tinte oder Wein haben die dunkelroten Kermesbeeren mittlerweile ausgedient. In der Kritik steht die Verwendung als homöopathisches Mittel, aufgrund der unbelegten Wirkung gegen Halsweh, Grippe, Krätze oder Rheuma.

Kermesbeere bekämpfen – So gelingt es ohne Chemie

Hobbygärtner hadern mit dem ungezügelten Wachstum der Wurzeln, die sich in alle Richtungen ausbreiten. Verschärft wird die grüne Invasion durch eine aggressive Selbstaussaat im gesamten Garten. Im Familiengarten ist die giftige Kermesbeere ein ungebetener Gast, der sich heimlich eingeschmuggelt hat und Kinder mit dunkelroten Beeren zum riskanten Naschen verleitet. Das sind wichtige Gründe, dem entfesselten Wachstum einen Riegel vorzuschieben. So bekämpfen Sie eine Kermesbeere mit natürlichen Methoden:

  • Sämlinge und Jungpflanzen wie Unkraut jäten
  • Etablierte Kermesbeere mitsamt Wurzeln ausgraben oder haken
  • Verwelkte Blütenstände abschneiden vor der Samenbildung
  • Fruchtstände mit unreifen oder reifen Beeren abschneiden
  • Wichtig: Handschuhe, langärmelige Kleidung und Schutzbrille tragen

Pflanzenteile richtig entsorgen

Nicht blühende, oberirdische Pflanzenteile einer Kermesbeere können Sie auf dem Kompost entsorgen. Wurzeln, Blüten- und Fruchtstände werfen Sie bitte in den Biomüll. Die Kermesbeere hat ihren Ruf als Neophyt dem Umstand zu verdanken, dass die Staude aus winzigen Wurzelresten und Samen munter wieder austreibt. Häufig überstehen Wurzeln und Samen den Zersetzungsprozess im Komposthaufen unbeschadet. Verborgen im organischen Dünger findet die Kermesbeere den Weg zurück ins Beet.

Exkurs

Naschen verboten

Alle 35 Kermesbeeren-Arten sind mehr oder weniger giftig. Frisch genaschte Beeren verursachen Erbrechen, Krämpfe und Durchfall. Die quälende Wirkung setzt bei Kleinkindern bereits nach einer einzigen Kermesbeere ein. Für gesunde Erwachsene sind 5-10 reife Beeren einer Speise-Kermesbeere (Phytolacca acinosa) essbar. In Schwangerschaft und Stillzeit ist vom Verzehr dringend abzuraten.

Kermesbeere gegen Schnecken einsetzen – Anleitung

Mit ihren giftigen Samen fungiert die Kermesbeere als effektives Bekämpfungsmittel gegen Schnecken. Saponine greifen die Schleimhäute der Schädlinge an und zersetzen im Boden abgelegte Eier. Folgende Kurzanleitung erklärt Schritt für Schritt, wie Sie die Kermesbeere gegen Schnecken anwenden:

  1. Handschuhe und Schutzbrille anlegen
  2. 4 EL Samen im Mörser zermahlen
  3. Alternativ: 8 EL unreife oder reife Beeren zerquetschen
  4. 1 l Regenwasser in einen Bottich füllen
  5. Zerstoßene Samen oder Beerenbrei einrühren
  6. 24-48 Stunden ziehen lassen
  7. Flüssigkeit mit Gießkanne wiederholt im Beet ausbringen
  8. Wichtig: Mörser, Bottich und Gießkanne gründlich reinigen
  9. Obacht: Kermesbeere nicht gegen Schnecken einsetzen im Garten mit Laufenten

Sanfte Alternativen ersetzen aggressive Kermesbeere

Im tierfreundlichen Hobbygarten wird keine Schnecke zum Tode durch die Kermesbeere verurteilt. In der Tat verursachen die giftigen Saponine einen qualvollen Todeskampf, weil die Giftstoffe nur langsam die Schleimhäute attackieren. Bewährte Alternativen vertreiben die gefräßigen Schädlinge auf Nimmerwiedersehen. So bekämpfen Sie Schnecken auf die sanfte Tour:

  • Gefährdete Einzelpflanzen mit Schneckenkragen schützen
  • Salatbeet mit Schneckenzaun einfassen
  • Tigerschnegel ansiedeln als natürliche Fressfeinde von Nacktschnecken
  • Wanderschranken anlegen aus Tannennadeln oder Splitt

Kermesbeere Rezepte – Tipps für Hobbyköche

Breitet sich die Asiatische Speise-Kermesbeere im Garten überschwänglich aus, machen experimentierfreudige Hobbygärtner aus der Not eine Tugend. In der grünen Blattexplosion sehen Anhänger einfacher Hausmannskost ein vielversprechendes Gemüse. Wer sich auskennt, trickst die Giftstoffe in den Blättern aus. Lassen Sie sich von diesem Kermesbeere-Rezept inspirieren für eigene, kulinarische Variationen:

Asiatische Kermesbeere als Blattgemüse genießen

Den jungen, nicht entfalteten Blättern wird ein milder Geschmack nach Spinat oder Spargel attestiert. Einzig das Laub einer Speise-Kermesbeere, auch bekannt als Asiatische oder Indische Kermesbeere (Markenzeichen: aufrechte Blüten- und Fruchtstände) kommt infrage als Rezept-Zutat. Folgendes Rezept garantiert für Bekömmlichkeit und eigenwilligen Gaumenschmaus:

  1. 1 kg frische Kermesbeeren-Blätter sammeln und gründlich abbrausen unter fließendem Wasser
  2. Zwiebeln würfeln und im Kochtopf in Butter anbraten
  3. Kermesbeeren-Blätter hinzugeben
  4. Aufgießen mit Wasser, bis die Blätter bedeckt sind
  5. Aufkochen und 15 Minuten unter wiederholtem Rühren kochen
  6. Kochwasser abgießen (enthält letzte Reste von Giftstoffen)
  7. Topf auffüllen mit frischem Wasser
  8. Auf kleiner Flamme weitere 20 Minuten garen
  9. Nochmals abgießen und im frischen Wasser 20 Minuten köcheln lassen
  10. Nach eigenem Ermessen würzen und abschmecken
  11. Heiß servieren mit Salzkartoffeln

Beliebte Sorten

Die Gattung Kermesbeeren beschert dem Hobbygärtner folgende dekorativen Sorten mit spezifischen Standortpräferenzen:

  • Phytolacca acinosa: Asiatische Kermesbeere gedeiht im sandig-trockenen Boden am sonnigen bis halbschattigen Standort. Weiße Kerzenblüten im Sommer. In kleinen Mengen essbare, dunkelrote Beeren im Herbst.
  • Phytolacca esculenta: Synonym für Phytolacca acinosa.
  • Phytolacca americana: Amerikanische Kermesbeere für nährstoffreichen, frisch-feuchten Boden am halbschattigen Standort in wintermilden Regionen. Weißliche bis blassrosa Blütentrauben ab Juli. Dunkelroter, nicht essbarer, schwarz-purpurfarbener Beerenschmuck ab September.
  • Phytolacca dioica: Argentinische Kermesbeere, mehrjährig, nicht winterhart. Wuchshöhe 1,50 bis 1,80. Als Kübelpflanze für Balkon oder temperierten Wintergarten.

FAQ

Ist die Kermesbeere giftig für Hunde?

Ja, die Kermesbeere ist in allen Teilen giftig für Hunde. Eine große Gefahr geht von den Wurzeln aus, weil darin die höchste Giftkonzentration enthalten ist. Nicht zu unterschätzen sind die giftigen Samen in unreifen oder reifen Beeren. Knabbert ihr vierbeiniger Liebling an ausgebuddelten Wurzeln oder verschluckt ein paar Beeren, muss er mit quälenden Vergiftungserscheinungen dafür büßen. Es drohen Übelkeit, Krämpfe, Erbrechen, Kreislaufkollaps bis hin zu Atemstillstand.

Was kann man färben mit Kermesbeeren-Saft?

Traditionell diente dunkelroter Kermesbeeren-Saft zum Färben von Tinte, Wolle, Seide, Leder, Korbwaren und Kosmetik. In früheren Zeiten färbte man fernerhin Wein, Likör und Gebäck mit dem tiefroten Beerensaft. Aufgrund der damit verbundenen Gefahr einer schweren bis tödlichen Vergiftung, haben Kermesbeeren als Färbemittel ausgedient. Es wird erzählt, dass die Weinverfälschung den Sonnenkönig Ludwig XIV dermaßen auf die Palme brachte, dass er das Färben von Rotwein mit Kermesbeeren bei Todesstrafe verbot.

Welcher Standort ist geeignet für eine Kermesbeere?

Am sonnigen bis halbschattigen Standort zeigt sich die Kermesbeere von ihrer schönsten Seite. Die Asiatische Kermesbeere (Phytolacca acinosa) bevorzugt einen durchlässigen, sandig-trockenen Boden im Steingarten oder Kiesbeet. Eine Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana) gedeiht prächtig in nährstoffreicher, frisch-feuchter Erde. Pflanzen Sie eine Kermesbeere idealerweise mit Wurzelsperre, damit Ihnen der invasive Ausbreitungsdrang keine Probleme bereitet. Als Kübelpflanze verleiht die kälteempfindliche Argentinische Kermesbeere dem Wintergarten exotisches Flair am sonnigen bis absonnigen Standort mit Temperaturen von mindestens 10° Celsius.

Sind alle Pflanzenteile einer Kermesbeere giftig?

Potenziell giftig ist die gesamte Kermesbeere. Aufgrund unterschiedlicher Gift-Konzentrationen sind einige Pflanzenteile in kleinen Mengen für den Verzehr geeignet. Essbar sind primär junge Blätter nach einer Garzeit von mindestens 15 Minuten. Von den dunkelroten Beeren der Asiatischen Kermesbeere können gesunde Erwachsene 5 bis maximal 10 vollreife Früchte verspeisen. Für Kinder und Haustiere ist die Kermesbeere grundsätzlich giftig und unter keinen Umständen essbar.

Ist die Kermesbeere winterhart?

Ja, die Kermesbeere ist eine winterharte, mehrjährige Staude. Der Grad der Frosthärte hängt ab von der betreffenden Art. Eine Asiatische Kermesbeere (Phytolacca acinosa) ist winterhart bis – 23° Celsius. Wärmeliebender ist die Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana), die in wintermilden Weinanbaugebieten mehrjährig gedeiht. Neu auf dem Markt ist die frostempfindliche Argentinische Kermesbeere (Phytolacca dioica), die bei Temperaturen unterhalb von 10° Celsius schlappmacht.

Wo wachsen verwilderte Kermesbeeren?

Als Zierpflanze eingeführt wurde die Kermesbeere Anfang des 17. Jahrhunderts. Seither breitet sich die Staude als Gartenflüchtling in ganz Europa aus. Verwildert gedeiht die Kermesbeere auf Waldlichtungen, am Waldrand, auf Ruderalflächen, an Ufern von Gewässern, am Wegesrand, auf Äckern und Deponien.

Bilder: Kateryna Mashkevych / Shutterstock