Verschlossene Röhrchen? So erkennt man, wer im Insektenhotel nistet
Verschlossene Löcher im Insektenhotel sind ein faszinierender Hinweis auf das verborgene Leben heimischer Wildbienen und Wespen. Wer die unterschiedlichen Verschlüsse erkennt, kann die Bewohner gezielt bestimmen und ihr Verhalten besser verstehen.
Insektenhotel: Wer nistet wo und wie erkennt man die Bewohner?
Was passiert im Insektenhotel?
Insektenhotels bieten Wildbienen, Wespen und anderen Nützlingen wertvolle Nistmöglichkeiten. Besonders in strukturarmen Gärten oder auf Balkonen sind sie ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt. Die verschiedenen Bewohner nutzen die angebotenen Röhren, Bohrlöcher und Stängel auf ganz unterschiedliche Weise. Entscheidend für eine erfolgreiche Besiedlung sind die richtige Auswahl der Materialien, Durchmesser und Standorte.
Warum werden die Löcher verschlossen?
Nach der Eiablage verschließen viele Insektenarten ihre Nistgänge, um die Brut vor Feuchtigkeit, Fressfeinden und Parasiten zu schützen. Die Art des Verschlusses gibt Aufschluss darüber, wer sich im jeweiligen Loch eingenistet hat. Die Verschlüsse bestehen aus Lehm, Mörtel, Harz, Blattstücken oder Sekret – jedes Material ist ein Hinweis auf die jeweilige Art.
Die wichtigsten Bewohner und ihre Nistgewohnheiten
Wildbienen: Die Hauptnutzer der Niströhren
Wildbienen sind die häufigsten Gäste im Insektenhotel. Sie leben solitär, das heißt, jedes Weibchen baut und versorgt ihr eigenes Nest. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Gruppen, ihre bevorzugten Lochgrößen und die typischen Verschlussmaterialien:
Art | Bevorzugte Lochgröße | Verschlussmaterial | Typische Merkmale |
---|---|---|---|
Rote Mauerbiene (Osmia bicornis) | 5–8 mm | Lehm, Mörtel | Rauer, gewölbter Verschluss |
Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) | 6–10 mm | Lehm, Mörtel | Grober, oft nach außen gewölbter Verschluss |
Löcherbiene (Heriades) | 3–4 mm | Harz-Sand-Gemisch | Glänzender, klebriger Verschluss |
Scherenbiene (Chelostoma) | 3–5 mm | Lehm mit Steinchen | Steinchen im Lehm, „Stahlbeton“-Effekt |
Blattschneiderbiene (Megachile) | 5–8 mm | Blattstücke | Mehrlagige, grüne Verschlussplatten |
Maskenbiene (Hylaeus) | 2–3 mm | Sekret | Dünnes, durchsichtiges Häutchen |
Lehmwespen und Grabwespen: Nützliche Jäger im Hotel
Auch verschiedene Wespenarten nutzen Insektenhotels. Sie sind wichtige Schädlingsbekämpfer, da sie Raupen, Fliegenlarven oder Blattläuse als Nahrung für ihre Brut eintragen. Typisch ist ein glatter, oft etwas nach innen versetzter Lehmverschluss.

Grabwespen sind geschickte Jäger und wichtige Nützlinge im Garten – sie regulieren Schädlinge und gehören zu den eher unbekannten Bewohnern von Insektenhotels
So erkennen Sie die Bewohner an den Verschlüssen
Lehm- und Mörtelverschlüsse
- Mauerbienen bauen raue, oft gewölbte Verschlüsse aus Lehm oder Mörtel.
- Lehmwespen verwenden feineren Lehm, der glatter wirkt und leicht nach innen versetzt ist.
Harzverschlüsse
- Löcherbienen nutzen ein Gemisch aus Harz und Sand oder Holzpartikeln. Der Verschluss glänzt, ist klebrig und oft rötlich-braun.
Blattverschlüsse
- Blattschneiderbienen verschließen die Niströhre mit mehreren exakt ausgeschnittenen Blattstücken. Die grünen oder braunen Platten sind gut sichtbar.
Steinchenverschlüsse
- Scherenbienen bauen Verschlüsse aus Lehm, in den viele kleine Steinchen eingearbeitet sind. Das ergibt einen sehr festen, widerstandsfähigen Verschluss.
Sekretverschlüsse
- Maskenbienen nutzen ein fast unsichtbares, dünnes Sekret, das wie ein feines Häutchen wirkt.

Unterschiedlich verschlossene Nistgänge in einem Wildbienenhotel – je nach Art variieren Baumaterial und Technik
Tipp
Achten Sie im Frühjahr auf die ersten Verschlüsse – dann ist die Hauptflugzeit vieler Wildbienenarten und die Niströhren werden rasch belegt.
Praxisbeispiel: Das perfekte Insektenhotel selbst bauen
Materialien und Maße: Worauf es ankommt
- Bohrlöcher in Hartholz: Durchmesser 2–10 mm, Tiefe mind. 8 cm, Rückseite geschlossen, Innenwände glatt und splitterfrei.
- Hohle Pflanzenstängel: Schilf, Bambus oder markhaltige Stängel (z.B. Brombeere), ebenfalls 8–15 cm lang, sauber geschnitten.
- Lehmblöcke: Für bodennistende Arten, mit verschiedenen Lochgrößen.
- Verschiedene Lochgrößen erhöhen die Artenvielfalt.
Standortwahl: So wird Ihr Hotel zum Erfolg
- Sonnig und regengeschützt (Süd- oder Südostausrichtung)
- Mindestens 1 m über dem Boden
- Windgeschützt, aber gut belüftet
- Keine durchgehenden Röhren – die Rückseite muss geschlossen sein
Tipp
Platzieren Sie das Insektenhotel in der Nähe von Blühpflanzen und einer Wasserquelle, um die Ansiedlung zu fördern.
Anleitung: Insektenhotel mit Niströhren und Lehmwand
- Material:
- Hartholzblock (z.B. Buche, Esche)
- Bohrer (2–10 mm)
- Bambus- oder Schilfröhrchen
- Lehm, Sand
- Wetterschutzdach
- Bauanleitung:
1. Bohrlöcher in das Hartholz setzen (mind. 8 cm tief, verschiedene Durchmesser, keine Risse).
2. Röhrchen auf die gleiche Länge schneiden, Schnittkanten glätten.
3. Lehm mit Sand mischen und in einen Rahmen füllen, mit Holzstäben Löcher einstechen.
4. Alles fest und stabil in ein wetterfestes Gehäuse einbauen.
5. An einem sonnigen, geschützten Platz aufhängen.
Beispiel: Wildbienenbeet für Einsteiger
Ein Wildbienenbeet aus heimischen Blühpflanzen direkt vor dem Insektenhotel erhöht die Attraktivität für Bestäuber. Empfehlenswerte Pflanzen sind:
- Wiesensalbei (Salvia pratensis)
- Natternkopf (Echium vulgare)
- Glockenblumen (Campanula)
- Margerite (Leucanthemum vulgare)
- Wilde Möhre (Daucus carota)

Staudenbeet mit Wilden Möhren, Acker-Witwenblumen und Ackerglockenblumen
Pflege und Wartung: Was tun mit verschlossenen Löchern?
- Verschlossene Löcher niemals öffnen oder reinigen – darin entwickelt sich die Brut.
- Alte Röhrchen erst nach dem Schlüpfen (ab Februar/März) austauschen.
- Bei Schimmelbefall: Betroffene Röhrchen entfernen und Standort überprüfen.
- Schutzgitter vor Spechten und anderen Fressfeinden kann sinnvoll sein.
Typische Parasiten und Schutzmaßnahmen
- Schlupfwespen: Legen Eier durch den Verschluss, vor allem bei dünnen oder rissigen Röhren.
- Ölkäfer, Taufliegen, Trauerschweber: Parasitieren die Brut, lassen sich aber durch robuste Verschlüsse und leere Vorderzellen teilweise abwehren.
- Vögel: Mit Drahtgitter (Maschenweite 3–4 cm) schützen.
Entwicklung im Nistgang: Von der Eiablage bis zum Schlupf
Ablauf im Jahresverlauf
1. Eiablage: Weibchen legt Ei auf Pollen-Nektar-Vorrat in der hintersten Zelle ab.
2. Trennwände: Nach jeder Eiablage wird eine Wand aus Lehm, Harz oder Blattstücken gebaut.
3. Verschluss: Am Ende des Gangs wird der Nistverschluss angebracht.
4. Entwicklung: Larven fressen Vorrat, verpuppen sich und überwintern im Kokon.
5. Schlupf: Im nächsten Frühjahr schlüpfen zuerst die Männchen, dann die Weibchen.

Einblick in einen Nistgang: Pollen, Lehmwände und Larven einer Wildbiene
Praxisbeispiel: Nistgänge kontrollieren und ersetzen
- Kontrollieren Sie im Frühjahr die Röhrchen: Sind die Verschlüsse offen, können die Röhrchen vorsichtig ausgetauscht werden.
- Lagern Sie entnommene Röhrchen bis zum nächsten Frühjahr dunkel und trocken, damit Nachzügler noch schlüpfen können.
Artenvielfalt fördern: Tipps für Fortgeschrittene
Spezielle Nistangebote für seltene Arten
- Lehmwand mit unterschiedlich tiefen Löchern (3–8 mm) für Mauerbienen und Grabwespen.
- Markhaltige Stängel (z.B. Brombeere) für Maskenbienen.
- Sandflächen in der Nähe für bodennistende Arten.
Monitoring und Dokumentation
- Führen Sie ein Nisttagebuch: Notieren Sie, wann welche Verschlüsse zu sehen sind und welche Arten Sie beobachten.
- Fotografieren Sie die Verschlüsse und vergleichen Sie sie mit Bestimmungsbüchern oder Online-Ressourcen.
Mit diesen praxisnahen Hinweisen und Beispielen gelingt es, ein Insektenhotel optimal zu betreiben und die faszinierende Vielfalt der Nützlinge im eigenen Garten zu entdecken und zu fördern.