Kirschbaum veredeln: So gelingt’s mit Edelreisern
Die Veredelung von Kirschbäumen bietet eine effektive Methode zur Erhaltung spezifischer Sorteneigenschaften und zur Beeinflussung von Wuchs und Lebensdauer. Dieser Artikel erläutert die Hintergründe, Techniken und Erfolgsfaktoren der Kirschbaumveredelung für Hobbygärtner und Obstbauern.
Gründe für die Veredelung von Kirschbäumen
Die Veredelung von Kirschbäumen bietet Ihnen im Vergleich zur Vermehrung durch Samen oder Ableger entscheidende Vorteile.
Sorteneigenschaften erhalten
Bei der Vermehrung über Kerne entstehen oft Pflanzen, die sich genetisch und in ihren Eigenschaften stark von der Mutterpflanze unterscheiden. Durch Veredelung können Sie hingegen gezielt gewünschte Merkmale weitergeben, wie zum Beispiel:
- Geschmack und Qualität der Kirschen
- Farbe und Größe der Früchte
- Ertragsmenge
- Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten
Gerade für Liebhaber bestimmter Kirschsorten ist diese präzise Sortenerhaltung von großer Bedeutung.
Wuchs und Lebensdauer beeinflussen
Die Wahl der Unterlage bei der Veredelung beeinflusst maßgeblich Wuchseigenschaften und Lebensdauer des Kirschbaums. Unterschiedliche Unterlagen ermöglichen verschiedene Wuchsformen, von schwach- über mittel- bis starkwüchsig. So können Sie Kirschbäume flexibel in unterschiedlichen Umgebungen kultivieren, sei es in kleinen privaten Gärten, größeren Obstplantagen oder sogar in Kübeln. Durch die gezielte Auswahl der Unterlage passen Sie nicht nur den Platzbedarf des Baumes optimal an, sondern fördern auch seine Vitalität und Produktivität über viele Jahre.
Gewinnung und Lagerung von Edelreisern
Die Auswahl und Lagerung der Edelreiser sind entscheidend für den Erfolg der Veredelung.
Edelreiser gewinnen
- Wählen Sie gesunde, kräftige Triebe aus dem letzten Jahreszuwachs aus. Diese sollten etwa 30 cm lang und 5-10 mm dick sein.
- Schneiden Sie die Triebe im Winter, idealerweise zwischen Ende Dezember und Januar, um ihre Vitalität zu erhalten.
- Achten Sie darauf, dass die Triebe kurze Knospenabstände haben und im äußeren Kronenbereich gut belichtet waren.
- Entnehmen Sie Edelreiser nur von gesunden Bäumen, die die gewünschten Fruchteigenschaften tragen.
Edelreiser lagern
Um die Edelreiser bis zur Veredelung im Frühjahr optimal zu lagern, beachten Sie bitte Folgendes:
- Lagern Sie die Edelreiser dunkel, kühl und frostfrei, zum Beispiel in einem Keller, einer Garage oder einem Kühlschrank mit entsprechender Temperatureinstellung.
- Umwickeln Sie die Reiser mit feuchtem Moos oder einem anderen feuchten Material wie Sand und legen Sie sie anschließend in gelochte Plastiktüten. So bleiben sie feucht und trocknen nicht aus.
- Für eine längere Lagerung können Sie die Reiser auch in einer etwa 40 cm tiefen Grube im Freien lagern. Schützen Sie sie dabei mit einer Abdeckung aus Sand und einem engmaschigen Drahtgeflecht gegen Mäusefraß.
- Überprüfen Sie die Edelreiser vor dem Veredeln auf ihre Qualität: Sie sollten prall, fest und nicht verbräunt sein. Das Kambiumgewebe unter der Rinde muss grün und saftig aussehen.
- Lagern Sie die Edelreiser nicht neben reifendem Obst, da dies ihren Reifungsprozess beschleunigen und zu vorzeitigem Austrieb führen kann.
Zeitpunkt und Methoden der Veredelung
Die erfolgreiche Veredelung von Kirschbäumen erfordert sorgfältige Planung und Durchführung. Zeitpunkte und Methoden sind dabei grundlegend für den Erfolg.
Pfropfen
Beim Pfropfen verbinden Sie ein Edelreis mit einer Unterlage, um einen neuen, stärkeren Baum zu schaffen. Je nach Zustand der Bäume und den gewünschten Ergebnissen stehen Ihnen verschiedene Techniken zur Verfügung:
- Rindenpfropfen: Ideal von März bis Mai, wenn die Unterlage dick genug ist, um das dünne Edelreis aufzunehmen. Sie schneiden die Rinde der Unterlage ein, setzen das Edelreis ein und versiegeln die Veredelungsstelle mit Baumwachs und Bast.
- Spaltpfropfen: Diese Methode eignet sich, wenn die Unterlage deutlich dicker als das Edelreis ist. Sie spalten die Unterlage am geschnittenen Ende auf, schneiden das Edelreis schräg an und führen es in den Spalt ein. Auch hier ist eine stabile Fixierung wichtig.
- Anplatten: Bei dieser Technik legen Sie die Schnittflächen von Unterlage und Edelreis plan aufeinander, verbinden und dichten sie ab.
- Seitliches Einspitzen: Hierbei setzen Sie das Edelreis seitlich in die Unterlage ein. Dies erfordert eine spezielle Schnitttechnik, um die Wachstumszonen optimal zu verbinden.
Okulieren
Das Okulieren, auch Augenveredelung genannt, ist eine feinere Methode der Veredelung, die Sie im Spätsommer, idealerweise im Juli oder August, anwenden können. Dabei übertragen Sie ein einzelnes Knospenauge auf die Unterlage.
- T-Okulation: Sie schneiden ein T in die Rinde der Unterlage und fügen das Auge des Edelreises vorsichtig ein.
- Umgekehrte T-Okulation: Ähnlich der T-Okulation, jedoch mit der Öffnung nach unten.
- Plattenokulation: Hierbei setzen Sie das Knospenauge mit einem kleinen Stück Rinde in eine entsprechend gefertigte Lücke in der Unterlage.
- Chip-Veredelung: Bei dieser Technik entnehmen Sie einen kleinen rechteckigen Rindenabschnitt („Chip“) mit einem Auge vom Edelreiser und passen ihn in eine identische Aussparung in der Unterlage ein.
- Ringokulation: Sie bringen eine komplette Ring-Rinde des Edelreises auf eine gleichgroße, freigelegte Stelle der Unterlage auf.
Bei allen Methoden ist eine präzise Verbindung wichtig, damit das Kambium der beiden Pflanzenteile direkt aufeinanderliegt und idealerweise verwachsen kann. Fixieren Sie die Veredelungsstelle mit speziellen Bändern, um die Verbindung zu schützen und das Anwachsen zu unterstützen.
Erfolgskontrolle und erste Ernte
Nach der Veredelung sollten Sie regelmäßig kontrollieren, ob die Edelreiser erfolgreich angewachsen sind. Im Frühjahr nach der Veredelung sollten sich die ersten zarten Blätter und Triebe zeigen. Dies ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Veredelung gelungen ist und das Edelreis mit der Unterlage zu verwachsen beginnt. Bleiben Anzeichen von Wachstum nach einigen Monaten aus, deutet dies oft auf eine misslungene Veredelung hin.
Ein sorgfältig geplanter und durchgeführter Schnitt der Edelreiser im Winter und eine fachgerechte Lagerung bis zum Frühjahr sind wichtige Grundlagen für das Gelingen dieser gärtnerischen Technik. Ein scharfes Veredelungsmesser (11,00€ bei Amazon*) und ausgewählte, gesunde Edelreiser sind, zusammen mit richtigen Veredelungszeitpunkten und -techniken, unerlässlich für den Erfolg.
Anzeichen für eine erfolgreiche Veredelung
- Austreiben von Blättern und Trieben aus dem Edelreis
- Sichtbares Verwachsen der Veredelungsstelle
- Bildung neuer Knospen am Edelreis
Was tun, wenn die Veredelung misslungen ist?
- Überprüfen Sie die Veredelungsstelle auf Anzeichen von Fäulnis oder Schädigung.
- Stellen Sie sicher, dass die Veredelungsstelle richtig fixiert und geschützt war.
- In manchen Fällen kann ein zweiter Veredelungsversuch im folgenden Jahr notwendig sein.
Wann ist mit der ersten Ernte zu rechnen?
Die Zeitspanne bis zur ersten Ernte hängt von der Baumart, den Wachstumsbedingungen und der Pflege des Baumes nach der Veredelung ab. In der Regel dauert es fünf bis sechs Jahre nach der Veredelung, bis ein Kirschbaum die erste reife Ernte hervorbringt. In dieser Zeit kann sich das Edelreis vollständig mit der Unterlage verbinden und einen fruchttragenden Zustand erreichen; achten Sie auf möglichen Pilzbefall beim Kirschbaum.
Eine kontinuierliche, angemessene Pflege, die ausreichende Bewässerung, regelmäßiges Beschneiden und Schutz vor Schädlingen und Krankheiten umfasst, unterstützt den jungen Baum in seiner Entwicklung und trägt dazu bei, dass die erste Ernte erfolgreich und zufriedenstellend ausfällt.