Uralte Bäume: Begegnungen mit den ältesten der Welt
Schon seit Jahrtausenden sind Menschen von Bäumen fasziniert. Bei den Germanen, den Kelten und vielen anderen Völkern standen besonders beeindruckende Exemplare sogar im Mittelpunkt ihrer Religion. So sind die knorrigen Eichen der keltischen Druiden ebenso legendär wie Yggdrasil, die mythologische Weltesche der skandinavischen Stämme. Auch heute noch geht von Jahrtausende alten Bäumen eine große Faszination aus.
„Jeder Ast eines Baumes kennt eine Geschichte – ein alter Baum ist Geschichte.“ (Klaus Ender, deutsch-österreichischer Autor und Künstler)
Welches ist der älteste Baum der Welt?
4000, 9500 oder gar 80.000 Jahre, wie alt ist der älteste Baum der Welt tatsächlich? Diese Frage lässt sich so konkret nicht beantworten, weshalb man unterschiedliche Informationen über dieses ganz besondere Individuum findet. Die Beantwortung der Frage, welcher Baum denn nun der älteste ist, ist in erster Linie eine Sache der Definition. Bäume wachsen sehr unterschiedlich entweder klonal oder nicht-klonal und erreichen daher auch unterschiedliche Lebensalter – und deshalb gibt es „den“ ältesten Baum im Grunde nicht. Allerdings lassen sich zahlreiche Bäume oder auch Baumgruppen ausmachen, die mehrere tausend Jahre alt sind.
Klonale Bäume
Bei klonalen Bäumen handelt es sich genau genommen um Klone, die entweder allein oder gruppenweise aus einem gemeinsamen Wurzelsystem sprießen. Die Baum-Klone erreichen ein Alter von mehreren tausend bis sogar zehntausenden Jahren, wie etwa die Gemeine Fichte „Old Tjikko“ im schwedischen Nationalpark (Region Dalarna) zeigt. Dieser Einzelklon soll ein Alter von unfassbaren 9.500 Jahren besitzen, wobei die Datierung lediglich für Teile seines Wurzelsystems gelten. Die oberirdischen Teile von „Old Tjikko“ hingegen sind nur wenige Jahrhunderte alt.
Weshalb also wird „Old Tjikko“ als einer der ältesten Bäume der Welt angesehen, wenn der eigentliche Baum tatsächlich für eine Fichte noch gar nicht mal so alt ist? Grund für diese Einordnung ist die Fähigkeit dieser Nadelbaumart, sich selbst immer wieder aus dem Wurzelsystem zu vermehren – praktisch zu klonen. Stirbt der alte Stamm der Fichte ab, erwächst aus dem überdauernden Wurzelsystem ein neuer, genetisch identischer. Diese Fähigkeit der sich immer wiederholenden vegetativen Selbstvermehrung besitzen einige Baumarten. Ein weiteres beeindruckendes Beispiel für solch uralte Klonbäume ist etwa Pando, eine ca. 14.000 Jahre alte Klonkolonie von Amerikanischen Zitterpappeln. Diese gilt es ältestes und schwerstes Lebewesen der Erde.
Nicht-klonale Bäume
Im Gegensatz zu den klonalen Bäumen, die praktisch immer wieder neu aus ihrem Wurzelsystem wachsen, handelt es sich bei nicht-klonalen Bäumen um tatsächliche Individuen, deren oberirdische Teile wie Stamm und Krone schon seit Jahrtausenden Wind, Wetter und der Geschichte trotzen. Diesen beeindruckenden Gestalten sieht man ihr Alter oft nicht auf den ersten Blick an, trotzdem gerät der Mensch bei ihrem Anblick ins Staunen. Manche dieser Bäume sind zu einer Zeit gekeimt, als in Europa die Menschen der Bronzezeit gerade lernten, Metall zu verarbeiten. Zu den ältesten nicht-klonalen Bäumen gehören vor allem die folgenden Individuen:
- Langlebige Kiefer: dieser namenlose Baum in den USA soll über 5000 Jahre alt sein und gilt seit 2013 offiziell als ältester Baum der Erde
- Methuselah: eine Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) im Inyo National Forest (Nevada, USA), geschätztes Alter über 4.700 Jahre
- Prometheus: war ebenfalls eine Langlebige Kiefer, die aber zwecks Altersbestimmung 1964 gefällt wurde. Ihr Alter: 4862 Jahre
Das Aussehen sowie der genaue Standort des ältesten Baumes – sowie auch anderer beeindruckender Baumexemplare wie etwa „Hyperion“, dem höchsten Baum der Welt – hält die amerikanische Forstbehörde geheim, um einem Besucherandrang und damit einer Gefährdung der Bäume vorzubeugen. Nichtsdestotrotz lohnt sich Besuch der amerikanischen Nationalparks, beispielsweise des bereits erwähnten Inyo National Forest. Hier befinden sich zahlreiche „Methusaleme“, die auf ein Alter von mehreren tausend Jahren geschätzt werden. Wer weiß, vielleicht finden Wissenschaftler dort demnächst ein noch älteres Exemplar?
Hintergrund
Die mächtigsten Bäume der Welt
Welches ist der älteste Baum in Deutschland?
In Deutschland wachsen etwa 90 Milliarden Bäume in nur 90 verschiedenen Arten. Diese werden hierzulande nicht annähernd so alt wie die eben vorgestellten Exemplare aus Schweden oder den USA. Dennoch gibt es hier einige „tausendjährige“ Eichen, Linden und Eiben, die jedoch selten tatsächlich 1000 Jahre zählen. Eher weisen diese Bäume ein Alter zwischen 500 und 800 Jahren auf und der Begriff „tausendjährig“ verweist auf ein allgemein hohes Alter. Nichtsdestotrotz sind es sehr beeindruckende Individuen, die ob ihrer Eigentümlichkeit schon vor Jahrhunderten berühmt waren und die es sich anzusehen lohnt:
Name | Gattung | Ungefähres Alter | Stammumfang | Standort |
---|---|---|---|---|
Alte Eiche | Eiche | 800 bis 1100 Jahre | 11 Meter | Dausenau (Rheinland-Pfalz) |
Alte Eibe von Balderschwang | Eibe | 800 bis 1500 Jahre | 8,1 Meter | Balderschwang (Bayern) |
Tausendjährige Linde | Sommerlinde | 500 bis 1200 Jahre | 10,5 Meter | Puch (Bayern) |
Tanzlinde | Sommerlinde | 800 bis 1000 Jahre | 8,3 Meter | Effeltrich (Bayern) |
Dicke Marie | Stieleiche | 800 Jahre | 6,65 Meter | Berlin (ältester Baum Berlins) |
Linde in Schenklengsfeld | Sommerlinde | 1000 Jahre | 17,4 Meter | Schenklengsfeld (Hessen), gilt als ältester Baum Deutschlands |
Tausendjährige Eibe | Eibe | über 900 Jahre | – | Kirchwistedt (Niedersachsen) |
Friederikeneiche | Stieleiche | rund 1000 Jahre | 8,11 Meter | Hude (Niedersachsen) |
Riesenlinde zu Heede | Sommerlinde | 500 bis 1000 Jahre | 15,39 Meter | Heede (Niedersachsen), gilt als größte Linde Europas |
Eibe auf Haus Rath | Eibe | mehr als 800 Jahre | 4,5 Meter | Krefeld-Elfrath (Nordrhein-Westfalen) |
Femeiche | Stieleiche | 600 bis 850 Jahre | 12 Meter | Raesfeld-Erle (Nordrhein-Westfalen), ältester Gerichtsbaum in Europa |
Das folgende Video stellt die beeindruckendsten alten Bäume in Deutschland vor:
Exkurs
Die Ivenacker Eichen in Mecklenburg-Vorpommern
Wer Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern macht, sollte sich unbedingt einmal die Ivenacker Eichen ansehen. Die beeindruckende Gruppe von Stieleichen sind zwischen 500 und 1000 Jahre alt und zählen somit zu den ältesten Bäumen Europas. Sie sind im weitläufigen Park des Schlosses Ivenack bei Stavenhagen (Mecklenburgische Seenplatte) zu bewundern. Hier gibt es als besondere Attraktion zudem einen erst vor wenigen Jahren errichteten Baumkronenpfad zu erklimmen, der auch für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen passierbar ist.
Wie können Bäume überhaupt so alt werden?
Kaum ein anderes Lebewesen kann ein solch hohes Alter wie Bäume erreichen. In erster Linie liegt die Fähigkeit zum Erreichen eines wahrhaft biblischen Alters im modularen Aufbau der Bäume: Im Gegensatz zu Menschen und vielen Tieren sind ihre überlebenswichtigen Körperelemente mehrfach vorhanden und wiederholen sich ständig. Bleibt beim Menschen das Herz stehen, stirbt er – fault bei einem Baum hingegen die Stammmitte weg, kann er trotzdem überleben. Bäume sind in der Lage, verlorene Teile – beispielsweise von einem Sturm weggerissene Äste und Zweige – einfach nachwachsen zu lassen und so zu ersetzen.
Zudem weisen viele Bäume – wie etwa die Langlebige Kiefer Pinus longaeva – keinen mit einem einprogrammierten Ende versehenen Lebenszyklus auf wie zum Beispiel viele einjährige Sommerblumen. Während ein Löwenzahn blüht, anschließend all seine Kraft in die Ausbildung von Samen steckt und schließlich abstirbt, sind Bäume wahre Überlebenskünstler.
Permanente Erneuerung
Kurz gesagt: Ihre Fähigkeit zum steten Wachstum und somit zur permanenten Erneuerung verhelfen den Bäumen zu einem hohen Alter von mehreren hundert bis tausend Jahren. Zwar sterben einzelne Teile der Pflanze – denn um eine solche handelt es sich – immer wieder ab, doch der Organismus an sich wächst immer weiter und ersetzt die verlorenen Organe.
Allerdings wird dem Baum sein eigenes Wachstum irgendwann doch noch zum Verhängnis, denn große Bäume sind schwerer mit ausreichend Wasser und Nährstoffen zu versorgen als kleine, zudem sind die Riesen den Wettergewalten wie Sturm und Starkregen ungleich stärker ausgesetzt. Das ist auch der Grund, weshalb viele sehr alte Bäume nicht unbedingt auch hoch sind. Ausnahmen wie etwa die Riesenmammutbäume in den USA bestätigen die Regel.
Klonierung als Überlebensstrategie
Eine ganz besondere Überlebensstrategie verfolgen manche Baumarten, die vornehmlich in schwierigen Lebensräumen zu Hause sind. Fichten und Kiefern haben die Fähigkeit, sich aus einem gemeinsamen Wurzelwerk immer wieder selbst zu regenerieren – auch, wenn der an sich nicht allzu alte Stamm an der Oberfläche abstirbt. In diesem Fall wächst aus den unterirdischen Wurzeln einfach ein neuer Klon, der dasselbe Erbgut besitzt und genetisch mit seinem Vorgänger vollkommen identisch ist.
Standort und Umweltbedingungen
Auffällig ist, dass die ältesten Bäume in Deutschland nicht in Wäldern stehen – sondern stattdessen oft als Einzelexemplare auf einem Dorfplatz, in einem Schlosspark oder in einem Pfarrhausgarten. Waldbäume erreichen hingegen selten oder nie ein solches Alter – woran liegt das? Der Grund hierfür ist recht simpel: Deutsche Wälder werden schon seit Jahrhunderten intensiv bewirtschaftet, zudem waren die einstigen Urwälder bis vor 150 Jahren noch nahezu vollständig für die Schaffung von Feldern und Siedlungsfläche abgeholzt. Die Aufforstung geschah danach erst langsam, zudem zählen Wälder immer noch zu den forstwirtschaftlichen Nutzgebieten. Ein Waldbaum wird durchschnittlich nur wenige Jahrzehnte alt bevor er für die weitere wirtschaftliche Verwendung gefällt wird.
Dieses Schicksal teilten Dorflinde und Parkbaum nicht, stattdessen wurden diese Bäume gehegt und gepflegt. Das gilt ganz besonders für die Dorflinden, die häufig den Mittelpunkt des Dorfes bildeten und als Ort der Gerichtsbarkeit galten.
Wie misst man das Alter eines Baumes?
Je älter ein Baum ist, desto schwieriger gestaltet sich die Altersbestimmung. Viele sehr alte Exemplare besitzen keinen vollständigen Stamm mehr, stattdessen ist dieser in Einzelstämme zerbrochen und die inneren, ältesten Teile fehlen. Eine simple Zählung der Jahresringe oder auch die Radiocarbonmessung (C14-Datierung) kann in diesem Fall nicht erfolgen, stattdessen wird das Alter anhand verschiedener Faktoren geschätzt. Zuständig für solche Schätzungen sind Dendrochronologen, so genannte Jahresringforscher. Dabei ist es übrigens nicht notwendig, zur Bestimmung seines Alters den ganzen Baum umzulegen: Stattdessen nehmen die Forscher, wo es möglich ist, Kernbohrungen (299,00€ bei Amazon*) vor, entnehmen Proben und können so die Jahresringe zählen.
Historische Dokumente
Manchmal helfen historische Dokumente bei der Altersbestimmung eines Baumes. So gibt es aus dem späten Mittelalter beispielsweise Aufzeichnungen über die Pflanzung eines bestimmten Baumes am fraglichen Standort oder Dokumente oder Gemälde aus den letzten 300 jahren, die das Exemplar schon als sehr alten Baum zeigen – in dessen hohlem Inneren etwa Soldaten versteckt wurden, um das Ausmaß des Hohlraums zu verdeutlichen.
Wie alt können Bäume generell werden?
Je nach Standort, Wachstumsbedingungen und Umwelteinflüssen erreichen die verschiedenen Baumarten sehr unterschiedliche Altersspannen. Typischerweise werden dabei Stadtbäume nicht annähernd so alt wie ihre Verwandten in der Natur, was mit der höheren Konzentration von Abgasen und Feinstaub, der starken Verdichtung und dem Bodenverschluss, aber auch mit der winterlichen Verwendung von Streusalz zu tun hat. In der folgenden Tabelle haben wir für Sie die durchschnittliche Lebenserwartung von häufigen Bäumen in Deutschland zusammengetragen:
Baumart | Lateinische Bezeichnung | Durchschnittliche Lebenserwartung |
---|---|---|
Apfelbaum | Malus domestica | rund 50 Jahre |
Amberbaum | Liquidambar | 100 Jahre |
Baumhasel | Corylus colurna | 80 Jahre |
Bergahorn | Acer pseudoplatanus | 400 bis 500 Jahre |
Bergulme | Ulmus glabra | 400 bis 500 Jahre |
Birnbaum | Pyrus | 50 Jahre |
Eberesche | Sorbus aucuparia | 80 bis 100 Jahre |
Esche | Fraxinus excelsior | 250 bis 300 Jahre |
Esskastanie | Castanea sativa | 450 bis 500 Jahre |
Feldahorn | Acer campestre | 150 Jahre |
Hainbuche | Carpinus betulus | 150 Jahre |
Platane | Platanus | 300 Jahre |
Rosskastanie | Aesculus hippocastanum | 150 bis 200 Jahre |
Rotbuche | Fagus sylvatica | 200 bis 300 Jahre |
Sandbirke | Betula pendula | 60 bis 80 Jahre |
Diese Baumarten werden besonders alt
Grundsätzlich erreichen langsam wachsende Bäume ein wesentlich höheres Alter als schnellwüchsiges Gehölz, was die Vorherrschaft von Eichen, Eiben und Linden unter den Baummethusalemen erklärt. Bei den Eiben kommt außerdem ihre hohe Toxizität hinzu, was die Art für Schädlinge und Krankheitserreger nahezu unangreifbar macht. In Deutschland erreichen vor allem diese Baumarten ein sehr hohes Alter:
Art | Lateinische Bezeichnung | Lebenserwartung |
---|---|---|
Europäische Eibe | Taxus baccata | 1000 Jahre |
Sommerlinde | Tilia platyphyllos | 900 bis 1000 Jahre |
Stieleiche | Quercus robur | 500 bis 1000 Jahre |
Traubeneiche | Quercus petraea | 700 Jahre |
Weißtanne | Abies alba | 600 Jahre |
Häufig gestellte Fragen
Welches ist die älteste Baumart der Welt?
Schon Charles Darwin bezeichnete den Ginkgo biloba als „lebendes Fossil“, schließlich gibt es diese Bäume schon seit 70 Millionen Jahren auf der Erde und damit länger als jede andere Baumart. Ginkgo gehören weder zu den Laub- noch zu den Nadelbäumen, sondern gehören zu einer ganz eigenen botanischen Klasse.
Kann man das Alter eines Baumes auch selbst bestimmen?
Mit Hilfe einer so genannten Baumtabelle bestimmen auch Dendrochronologen das Alter vieler Bäume. Dazu müssen Sie den Stamm des Baumes in einer Höhe von einem Meter ausmessen und dieses Maß (in Zentimetern!) mit einem je nach Art unterschiedlichen Faktor multiplizieren. So erhalten Sie anhand des Dickenwachstums ein wahrscheinliches Alter, was allerdings eine Ungenauigkeit von mehreren Jahrzehnten aufweist. Die folgende Tabelle gibt Ihnen eine Übersicht:
Baumart | Multiplizierender Faktor |
---|---|
Eichen, Linden | 0,8 |
Kastanien, Eiben | 0,7 |
Buchen, Ahorn (außer Feldahorn) | 0,6 |
Ulme, Tannen | 0,6 |
Eschen, Erlen, Pappeln | 0,5 |
Fichten, Lärchen | 0,5 |
Walnussbaum | 0,5 |
Tipp
Auch Bonsai-Bäume können, je nach Art und Pflege, durchaus mehrere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte alt werden. In Japan gelten manche besonders alten Exemplare sogar als Familienerbstücke.