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Stecklinge schneiden: Anleitung für optimales Wachstum

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Nach der Lektüre dieses Tutorials vermehren Sie Ihre schönsten Pflanzen ab sofort in Eigenregie. Lesen Sie hier, wie Sie Stecklinge richtig schneiden. Profitieren Sie von handfesten Tipps und Tricks rund um die vegetative Vermehrungsmethode.

Stecklinge vermehren
Im Frühsommer gelingt die Stecklingsvermehrung am besten
AUF EINEN BLICK
Wie schneidet man Stecklinge richtig?
Um Stecklinge richtig zu schneiden, wählen Sie junges, unverholztes Pflanzenmaterial, schneiden 3-5 mm unter einer Knospe oder einem Blatt, entfernen untere Blätter und halbieren große Blätter, um Feuchtigkeitsverlust zu verhindern. Für optimale Länge, schneiden Sie mindestens ein Internodium.

Stecklingsvermehrung zu jeder Jahreszeit

Im Frühsommer hat der Schnitt von Stecklingen Hochsaison. Dann stehen viele Pflanzen im Saft und das florale Leben pulsiert bis in die Triebspitzen. Gleichwohl besteht zu jeder Jahreszeit die Option, sich der Nachzucht durch Stecklinge zu widmen. Folgende Tabelle gibt einen Überblick zu beliebten Pflanzenarten:

Lesen Sie auch

Frühjahr/Frühling Frühsommer/Sommer Spätsommer/Frühherbst Winter (Steckholz)
Efeu Waldrebe Schneeball Forsythie
Rittersporn Hartriegel Berberitze Weigelie
Sonnenauge Heckenkirsche Heide Sommerflieder
Phlox Bartblume Buchsbaum Holunder
Margerite Hortensie Immergrün Liguster
Kätzchenweide Rose Stechpalme Wilder Wein
Kornelkirsche Balkonblumen Koniferen Zierjohannisbeere

Stecklinge sind jung und unverholzt

Als Steckling wird in Gärtnersprache der Triebabschnitt einer Mutterpflanze bezeichnet. Spezielle Kultivierungstechniken ermuntern den Winzling, eigene Wurzeln zu bilden und heranzuwachsen zu einer kräftigen Jungpflanze. Zu diesem Zweck werden vornehmlich krautige Triebe verwendet. Für die Vermehrung von Gehölzen fungieren halb verholzte Triebstücke als ideales Ausgangsmaterial. Die jährliche Schnittpflege von Sträuchern und Bäumen liefert in der Regel mit dem Schnittgut eine große Auswahl potenzieller Stecklinge.

Optimale Schnittstelle: unter Knospen

Knospen sind die Schaltzentralen im Pflanzenwachstum. Für die Vermehrung durch Stecklinge spielen sie folglich eine wichtige Rolle. Je nach Pflanzenart sind Knospen unübersehbar groß oder winzig klein, sodass die auch als Augen bezeichnet werden. Schneiden Sie einen Steckling nicht irgendwo, sondern so:

  • Kopfsteckling schneiden 3-5 mm unter einer Knospe oder einem Knospenpaar
  • Teilsteckling aus dem mittleren Triebabschnitt schneiden über und unter einem Auge

An beblätterten Stecklingen müssen Sie nicht lange nach Knospen Ausschau halten. Hier markieren die Ansatzpunkte der Blattstiele die beste Position für den Schnitt. Ein Sicherheitsabstand von wenigen Millimetern verhindert, dass Sie in den Vegetationspunkt hinein schneiden. Länger als 5 bis 10 mm sollte der Stummel bis zur Knospe nicht sein, weil sich andernfalls der Bewurzelungsprozess verzögert oder vollständig ausfällt.

Hintergrund

Kambium aktiviert Bewurzelung

Der Schnitt von Teilstecklingen wird aus gutem Grund kurz unter oder über einer Knospe angesetzt. In unmittelbarer Nähe zu einem Vegetationspunkt befindet ein hoher Anteil wertvollen Teilungsgewebes, im Fachjargon Kambium genannt. Im Kambium befinden sich wichtige Reservestoffe, die das Wachstum von neuen Wurzeln vorantreiben.

Perfekte Länge: mindestens ein Internodium

Die Schnittstelle ist für einen mustergültigen Steckling ebenso wichtig, wie die richtige Länge. Größe und Wuchskraft der Mutterpflanze bestimmen maßgeblich über die ideale Größe des Ablegers. Stecklinge einer Steingartenstaude, wie einem Kaktus, Fetthenne oder Thymian sind knapp 2 Zentimeter klein, wohingegen Gehölzstecklinge satte 20 Zentimeter Länge erreichen.

Langes Rätselraten über die perfekte Stecklingslänge bleibt Ihnen erspart, wenn Sie Ihr Augenmerk auf die Internodien richten. Ein Internodium markiert den Abstand zwischen zwei Knospen oder Blättern auf einem Trieb. Folglich ist dieses Teilstück kahl oder leicht behaart. Damit ein Steckling wachsen kann, muss er mindestens ein Internodium lang sein. Über die optimale Länge bestimmt die jeweilige Pflanzenart. Während ein Kaktussteckling sich mit einem Internodium begnügt, profitieren majestätische Sträucher ein Vielfaches an Internodien.

Tipp

Anzuchterde in Premium-Qualität ist stets nährstoffarm. Ein Mix aus Sand und Torf oder reines Kokoshum motivieren einen Steckling zur Bewurzelung. Zusätzlichen Ansporn zum raschen Wachstum von Wurzeln gibt eine hauchdünne Schicht aus reifem Kompost auf dem Topfboden. Wittern Stecklinge das reich gedeckte Nährstoffbuffet, senden sie mit aller Kraft ihre Wurzeln dorthin aus.

Stecklinge schneiden und bearbeiten

Nur selten kann ein Steckling unmittelbar nach dem Schneiden eingepflanzt werden. Damit Bewurzelung und Wachstum in geregelten Bahnen verlaufen, folgt auf den Schnitt eine sachkundige Bearbeitung. So machen Sie es richtig:

  • Sauberes Schneidwerkzeug in eine Hand nehmen
  • Steckling mit der anderen Hand stabilisieren
  • Erforderliche Anzahl an Internodien abzählen
  • Am unteren Ende abschneiden, wenige Millimeter unterhalb von Knospe oder Blatt
  • Teilstecklinge an der Spitze oberhalb von Knospe oder Blatt schneiden

Ein normaler Steckling wird zur Hälfte oder zwei Drittel in Anzuchterde gesteckt. Blätter auf diesem Teilabschnitt werden entfernt, weil Substratkontakt Fäulnis auslösen könnte. Mindestens ein Blattpaar sollte zu sehen sein. Da große Blätter am kleinen Steckling zu viel Feuchtigkeit verdunsten, werden diese halbiert.

Bewurzelungspulver

An etlichen Pflanzenarten ist im Rahmen der Stecklingsvermehrung ein langer Geduldsfaden gefragt, bis die Bewurzelung endlich einsetzt. Mit einem Bewurzelungspulver können Sie den Prozess forcieren. Gut geeignet und für den Hausgarten zugelassen ist das Präparat „Neudofix Wurzelaktivator (11,00€ bei Amazon*)“ aus rein natürlichem Algenkalk. Tunken Sie den Stecklingsfuß in das Pulver, wird das Wurzelwachstum kräftig angeregt.

Verwundungsschnitt verbessert Bewurzelung

Einige der schönsten Blütengehölze sind schnittempfindlich und tun sich schwer mit einem frischen Austrieb, wie Rhododendron und Azalee. Damit ein Steckling dennoch bewurzelt und kräftig gedeiht, ist ein modifizierter Schnitt erforderlich. Indem Sie dem gewählten Trieb eine gezielte Verwundung zufügen, bringen Sie das Wachstum in Schwung. So geht es:

  • Steckling normal abschneiden mit ausreichender Anzahl an Internodien
  • Im unteren Bereich entlauben, obere Blätter halbieren
  • An der Stecklingsbasis gegenüber der Knospe einen 5-10 mm langen und flachen Span abschneiden

Ziel der Verwundung ist die Bildung von Wundgewebe, dem sogenannten Kallus. Dabei handelt es sich um Teilungsgewebe, das eigentlich für die Wundheilung zuständig ist. Bei zahlreichen schnittempfindlichen Gehölzen regt Kallusgewebe zusätzlich das Wachstum neuer Wurzeln an.

Exkurs

Sicher schneiden mit Stecklingsmesser

Steht bei Ihnen häufiger im Jahr die Stecklingsvermehrung auf dem Programm? Dann lohnt sich die Investition in ein Stecklingsmesser. Dabei handelt es sich um ein Klappmesser mit gerader Klinge, einseitig geschliffener Schneide und geradem Griff. Dieser Aufbau ermöglicht eine völlig ebene Schnittführung und verhindert fatale Quetschungen am Pflanzengewebe. Damit beim Schneiden von Stecklingen keine pathogenen Erreger übertragen werden, sollten Sie die Klinge nach jeder Mutterpflanze penibel reinigen und mit Alkohol desinfizieren.

Sonderfall Steckholz

Die ruhige, arbeitsarme Winterzeit lässt sich produktiv nutzen für eine Variante der Stecklingsvermehrung. Einfache Blütensträucher, wie Schmetterlingsflieder, Forsythie oder Weigelie sind die perfekten Kandidaten für die Vermehrung durch Steckhölzer.

Nach dem herbstlichen Laubfall schneiden Sie bleistiftlange Triebstücke mit einer Knospe an jedem Ende. Stecken Sie jeden Trieb tief in lockeres, humoses Substrat. Lediglich das obere Nodium sollte noch zu sehen sein. Bis zum Frühling bilden sich an jedem Steckholz neue Wurzeln.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Vermehrungsmethoden Aussaat und Stecklinge?

Wenn Sie Pflanzen mittels Aussaat vermehren, handelt es sich um die sogenannte generative Methode. Dabei wird das Erbgut der beteiligten Pflanzen neu kombiniert. Im Resultat unterscheiden sich Sämlinge mehr oder weniger ausgeprägt von ihren Elternpflanzen. Die vegetative Vermehrung durch Stecklinge beschert Ihnen hingegen ein exaktes Ebenbild der Mutterpflanze. Aus diesem Grunde favorisieren die meisten Hobbygärtner die Stecklingsmethode, um Sträucher, Stauden und Zimmerpflanzen zu vermehren. Hier kann eine genaue Prognose gestellt werden, mit welchen Attributen die Jungpflanze ausgestattet ist.

Ist im Zweifel ein längerer oder ein kürzerer Steckling vorteilhaft für den Vermehrungsprozess?

In der Gartenpraxis hat sich bewährt, Stecklinge mit zwei und mehr Internodien zu schneiden. Je länger der Triebabschnitt zwischen zwei Knospen ist, desto länger darf der Steckling sein. Das resultiert auf den ersten Blick in einer größeren Anzahl an Blättern mit entsprechend höherem Verdunstungsgrad und drohendem Trockenstress. Im Gegenzug verfügt der Steckling über mehr Potenzial, die zur Wurzelbildung erforderlichen Stoffe zu produzieren.

Mir ist zu Ohren gekommen, dass Stecklinge von Koniferen besser abgerissen werden. Wie geht das?

Stecklinge von Thuja, Tanne, Lärche, Wacholder und anderen Nadelgehölzen sollten in der Tat abgerissen und nicht abgeschnitten werden. Bester Zeitpunkt ist von Anfang August bis Ende September. Geeignet sind diesjährige, ausreichend verholzte Seitentriebe eines gesunden, verholzten Haupttriebs. Schneiden Sie zunächst den Haupttrieb etwa 5 mm unterhalb des Seitentriebs ab. Daraufhin reißen Sie den Nebentrieb als eigentlichen Steckling mit einem Ruck ab. Es entsteht eine winzige Rindenzunge, die eine Bewurzelung deutlich verbessert.

Wie kann ich die Bewurzelung erkennen, ohne einen Steckling auszugraben?

Wenn ein Steckling austreibt, signalisieren die Blättchen, dass sich im Substrat die ersten Wurzeln gebildet haben. Sind Sie dennoch unsicher, ziehen Sie vorsichtig am Wurzelhals. Spüren Sie einen deutlichen Widerstand, verfügt der Steckling über ein eigenes Wurzelsystem. Eine Haube können Sie jetzt entfernen und erstmals einen Flüssigdünger verabreichen in halber Konzentration.

Die 3 häufigsten Schnittfehler

Eine falsch gewählte Schnittstelle beendet alle Hoffnungen auf die erfolgreiche Stecklingsvermehrung. Wer einen beblätterten Steckling nicht teilweise entlaubt, wird mit Fäulnis im Substrat hadern. Trockenstress ist vorprogrammiert, wenn große Blätter reichlich Feuchtigkeit verdunsten. Erkunden Sie hier die 3 häufigsten Fehler beim Schneiden von Stecklingen mit Tipps für die Vorbeugung.

Schnittfehler Schadbild Vorbeugung
Steckling irgendwo abgeschnitten keine Bewurzelung kurz unter einer Knospe oder einem Blatt schneiden
untere Triebhälfte nicht entlaubt Ausbreitung von Fäulnis im Anzuchtsubstrat Blätter mit Substratkontakt immer entfernen
große Blätter nicht verkleinert Trockenstress große Stecklingsblätter halbieren

Tipp

Alle Bemühungen um den perfekten Schnitt laufen ins Leere, wenn Stecklinge anschließend vertrocknen. Stülpen Sie Anzuchttopf oder Schale eine transparente Haube über. Das lokale, feucht-warme Mikroklima verhindert, dass Ihre Zöglinge unter Trockenstress leiden. Tägliches Lüften beugt der Bildung von Schimmel vor.