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Schlafende Augen: Funktion, Erkennung & Bedeutung

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Versteckt unter der Rinde verholzender Pflanzen liegen schlafende Augen, die als stille Helden der Regeneration dienen. Dieser Artikel beleuchtet die Funktion, Erkennbarkeit und Bedeutung dieser Knospen für die Gartenpraxis, von der Veredelung bis zum Formschnitt.

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Schlafende Augen sind kaum zu erkennende Knospen

Funktion und Aufgabe

Schlafende Augen sind ein Wunderwerk der Natur – spezialisierte Knospen, die bei verholzenden Pflanzen wie ein Geheimversteck unter der Rinde schlummern. Diese Reserveknospen können über Jahre hinweg inaktiv bleiben, um dann im Bedarfsfall aktiv zu werden und neue Triebe zu bilden. Ihre Hauptaufgabe ist die Regeneration der Pflanze, wodurch sie maßgeblich zu deren Überleben beitragen.

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Regeneration nach Verletzungen

Schlafende Augen sind die Retter in der Not, wenn eine Pflanze durch Unwetter, Tierfraß oder andere Einflüsse Schaden nimmt. Geht beispielsweise ein Ast verloren, sorgen diese ruhenden Knospen für Ersatz. Sie bilden einen neuen Trieb aus, der die entstandene Lücke füllt und die Pflanze in ihrer Vitalität unterstützt.

Reaktion auf Beschnitt

Reaktion auf Beschnitt

Gezielter Schnitt regt schlafende Augen zum Austrieb an und formt Pflanzen

Auch beim gezielten Schnitt im Garten reagieren schlafende Augen mit dem Austrieb neuer Triebe. Dadurch können Sie als Gärtner die Form und Größe Ihrer Pflanzen beeinflussen. Insbesondere im Obstbau, bei Ziergehölzen und bei der Erziehung von Rosen ist diese Technik von großer Bedeutung.

Vorkommen und Erkennbarkeit

Schlafende Augen sind ein faszinierendes Phänomen der Natur und vor allem bei verholzenden Pflanzen anzutreffen. Sie bilden sich in den Blattachseln, wo das Potenzial für neues Wachstum besonders hoch ist.

Lokalisierung

Direkt nach dem Blattfall sind schlafende Augen noch relativ gut zu erkennen. Mit der Zeit werden sie jedoch durch das Dickenwachstum der Sprossachse zunehmend von der Rinde überwachsen und somit unsichtbar.

Erkennung

Auch wenn schlafende Augen mit bloßem Auge oft schwer zu erkennen sind, gibt es ein paar Hinweise, die auf ihre Existenz schließen lassen:

  • Kleine Erhebungen: Unter der Rinde zeichnen sich häufig kleine, knopfartige Erhebungen ab, die auf schlafende Augen hindeuten.
  • Verdickungen: Die Rinde kann an Stellen, an denen sich schlafende Augen befinden, etwas dicker sein als an anderen Stellen des Astes.
  • Blattnarben: Da schlafende Augen in den Blattachseln entstehen, sind sie oft in der Nähe von Blattnarben zu finden.

Bedeutung in der Gartenpraxis

Schlafende Augen spielen eine wichtige Rolle bei der Pflanzenvermehrung und -gestaltung. Vor allem bei der Veredelung und dem Formschnitt kommen sie zum Einsatz.

Veredelung

Bei der Veredelung wird ein schlafendes Auge einer edlen Sorte in die Rinde einer robusten Unterlage eingesetzt. So lassen sich die besten Eigenschaften beider Pflanzen miteinander vereinen. Die Okulation ist eine gängige Veredelungsmethode, bei der Sie wie folgt vorgehen:

  1. Zunächst wählen Sie ein schlafendes Auge der Edelpflanze aus.
  2. Anschließend bereiten Sie die Unterlagenpflanze vor, indem Sie einen Einschnitt in die Rinde machen.
  3. Nun fügen Sie das schlafende Auge in den Einschnitt ein.
  4. Zum Schluss sichern Sie das Auge mit einem geeigneten Material, damit es gut anwachsen kann.

Diese Technik findet häufig bei Rosen, Obstbäumen und Ziergehölzen Anwendung. Sie ermöglicht es Ihnen, Eigenschaften wie Blütenfarbe, Fruchtqualität oder Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten gezielt zu übertragen.

Formschnitt

Formschnitt

Ein gezielter Schnitt von schlafenden Augen lenkt das Wachstum der Pflanze

Durch einen gezielten Schnitt regen Sie schlafende Augen zum Austrieb an und formen so Ihre Pflanzen. Beachten Sie dabei folgende Aspekte:

  • Wenn Sie knapp über einem schlafenden Auge schneiden, können Sie die Wuchsrichtung des neuen Triebs beeinflussen.
  • Führen Sie den Schnitt schräg aus, um Staunässe zu vermeiden und die Wundheilung zu fördern.
  • Achten Sie darauf, nicht zu viele schlafende Augen gleichzeitig zu aktivieren, damit die Pflanze nicht zu stark geschwächt wird.

Diese Technik ist ideal, um Hecken, Bäume und Sträucher in Form zu bringen und eine dichte, gesunde Pflanzenstruktur zu fördern.

Bilder: VVVproduct / Shutterstock