Igel und Winterschlaf: Warum, wie lange und wann?
Igel folgen einem Lebensrhythmus, der unter Insektenfressern einzigartig ist. Mit einem episch langen Winterschlaf schlagen die possierlichen Stacheltiere jahreszeitlichem Nahrungsmangel ein Schnippchen. Wichtige Fragen rund um die geniale Überlebensstrategie beleuchtet dieser Ratgeber.
Halten Igel Winterschlaf?
Unter Insektenfressern sind Igel die einzigen Winterschläfer. Auf diese Überlebensstrategie greifen Stacheligel zurück, um die kalte Jahreszeit und den damit verbundenen Nahrungsmangel zu überbrücken. Für vier bis fünf Monate ziehen die Tiere sich zurück in ein wetterfestes, gut isoliertes, kugelförmiges Nest. Hier rollen sie sich zusammen und reduzieren sämtliche Körperfunktionen auf ein Minimum. Kurze Wachphasen für einen Toilettengang sind nicht ungewöhnlich.
Warum hält der Igel Winterschlaf?
Weil es im Winter nichts zu fressen gibt, verschlafen Igel die kalte Jahreszeit. Die Insektenfresser im Stachelkleid ernähren sich primär von Käfern, Maden, Schnecken und Regenwürmern. Spätestens nach dem ersten Frost ist die Speisekarte leergefegt, weil die meisten Insekten eingehen oder sich ins Winterquartier zurückziehen. Da Igel keine Vorratswirtschaft betreiben, fressen sie sich rechtzeitig einen Fettvorrat an und begeben sich in Winterschlaf bis zum nächsten Frühling.
Igel sind meisterhafte Energiesparer. Damit die zugelegten Fettreserven viele Monate reichen, versetzen sie ihren kleinen Körper in den Stand-by-Modus. Zuerst rollen Igel sich zu einer geschlossenen Kugel zusammen. Die Körpertemperatur sinkt von 36 Grad auf unter 10 Grad Celsius. Zugleich sinkt die Atemfrequenz auf einen oder zwei Atemzüge pro Minute. Das Herz schlägt nur noch vier bis fünf Mal in der Minute.
Wann machen Igel Winterschlaf?
Beginn und Ende vom Winterschlaf koordinieren Igel mit den Witterungsbedingungen. Erst wenn bitterkalte Nächte oder der erste Schnee ihre Nahrungsquellen versiegen lassen, ziehen sich Igel zurück in ihr Winterquartier. Ein Blick auf den Kalender dient in dieser Hinsicht lediglich der Orientierung. Unter normalen Witterungsbedingungen erstreckt sich der Winterschlaf über diesen Zeitraum:
- Männchen: Mitte Oktober bis Mitte März
- Weibchen: Mitte November bis Anfang April
Worauf der geschlechtsspezifische Unterschied beruht, ab wann Igel in Winterschlaf gehen und wann sie aufwachen, ist nicht restlos geklärt. Experten vermuten, dass weibliche Igel nach der Aufzucht ihrer Jungen einige Wochen länger benötigen, um sich die nötigen Fettreserven anzufuttern.
Hintergrund
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Wann beenden Igel den Winterschlaf?
Zwischen Mitte März und Mitte April beenden Igel ihren Winterschlaf. Wichtige Signale sind steigende Außentemperaturen auf über 10 Grad Celsius sowie hellere Lichtverhältnisse. Es dauert mehrere Stunden, bis die massiv reduzierten Lebensfunktionen sich wieder auf normalem Niveau befinden.
Nicht jeder Igel benötigt Hilfe – aber jegliche Hilfe muss richtig sein.
Igel während Winterschlaf gefunden – was tun?
Häufigste Ursache für aufgefundene Igel im Winter sind Aufräumarbeiten im Garten. Es werden Laub- und Reisighaufen entfernt, Holzstapel für die Verwendung als Brennholz abgebaut oder Hunde stöbern umher. Versehentlich wird ein Nest freigelegt mit einem tief schlafenden, fest eingerollten Igel. Zeigt das Tier keine Reaktion, decken Sie das Nest wieder zu mit Laub.
Es ist kein Grund zur Beunruhigung, wenn ein Igel aus dem Winterschlaf erwacht. Nach einer kurzen Wachphase schläft ein aufgeweckter Igel wieder ein. Mitunter nutzt er die Unterbrechung für den Gang zur Toilette. Solange das Nest intakt ist, besteht keine Veranlassung für menschliches Eingreifen.
Igel im Winterschlaf oder tot? – So stellen Sie es fest
Ein winterschlafender, lebendiger Igel ist praktisch bewegungslos und wird häufig für tot erklärt. Im winterliche Ruhemodus macht das Tier lediglich drei bis vier Atemzüge pro Minute, die Sie visuell kaum wahrnehmen werden. Ein wichtiger Hinweis auf einen lebenden Igel im Winterschlaf ist seine Körperhaltung. Fest eingerollt zu einer Kugel sollte das Stacheltier sein. Ein toter Igel liegt in der Regel offen und ausgestreckt da.
Wo hält der Igel Winterschlaf?
Im Herbst halten Igel Ausschau nach einem geschützten Platz für den Winterschlaf. Hoch im Kurs stehen gemischte Hecken, Laub- und Reisighaufen. Einen Hohlraum im Holzstapel oder Schuppen ziehen sie bei der Suche nach einer sicheren Bleibe ebenfalls in Betracht. Im Igel-freundlichen Garten sollte folglich vor dem Winter keine Wohnungsnot herrschen.
Hat ein Igel das perfekte Winterquartier gefunden, beginnt er mit dem Nestbau. Bevorzugtes Baumaterial sind Blätter, Gräser und kleine Äste. Ausgepolstert wird die Unterkunft mit weichem Moos. Da Igel die meiste Zeit des Jahres Einzelgänger sind, bauen sie das kugelförmige Nest für sich allein.
Welches Gewicht garantiert gesunden Winterschlaf?
Der Winter ist für Igel eine harte Zeit, verbunden mit mannigfaltigen Unwägbarkeiten. Es häufen sich Meldungen besorgter Tierfreunde, weil ihnen im Spätherbst oder nach dem ersten Schnee ein Igel auf Futtersuche begegnet ist. Das kann ein spät-geborenes Jungtier sind, ein geschwächtes Alttier oder schlicht ein erfahrener, erwachsener Igel, der seine Fettreserven noch ein wenig aufpolstern will. Hegen Sie Zweifel, ob es sich um ein hilfebedürftiges Tier handelt, gilt das Gewicht als wichtiger Indikator. Folgende Tabelle gibt Aufschluss über die Eckdaten rund um das Gewicht vor dem Winterschlaf:
Gewichtsbeurteilung Winteranfang | Jungigel | erwachsener Igel |
---|---|---|
Ideal-Gewicht | größer 500 g | größer 1000 g |
Minimal-Gewicht | 500 bis 600 g | 900 bis 1500 g |
Unter-Gewicht | 300 bis 500 g | 800 bis 1000 g |
kritisches Gewicht | unter 300 g | unter 800 g |
Einen wohlgenährten, gesunden Igel setzten Sie bitte nicht dem Stress einer Gewichtsermittlung aus. Ein munteres, rundliches Stacheltier regelt seine Vorbereitungen für den Winterschlaf selbst am besten. In vielen Fällen wurde die stachelige Schlafmütze aufgeweckt und befindet sich auf der Suche nach einem neuen Schlafplatz. Erkennbar abgemagerte, schwache oder apathische Igel sollten hingegen auf die Waage, um eine fundierte Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen zu können.
Untergewichtige Igel bitte melden
Mit einem Gewicht von unter 500 Gramm für Jungtiere und 900 Gramm für erwachsene Tiere sind Igel nicht gerüstet, um den monatelangen Winterschlaf zu überleben. Notieren Sie zunächst Funddatum, Fundort, Fundzeitpunkt und Gewicht. Untersuchen Sie den Igel zudem auf Verletzungen oder erkennbare Krankheiten und notieren die Symptome. Einen wichtigen Hinweis auf den gesundheitlichen Zustand gibt Igelkot. Nehmen Sie daraufhin bitte Kontakt auf mit einer regionalen Igelauffangstation oder dem Tierarzt. Auf Basis der gesammelten Informationen stehen Ihnen die Experten mit Rat und Tat zur Seite.
Igel zu früh aus Winterschlaf erwacht – was tun?
Wetterkapriolen oder erste Gartenarbeiten schrecken Igel häufig zu früh aus dem Winterschlaf auf. Treffen Sie Anfang bis Mitte März bereits auf einem umherstreifenden Igel, decken vorhandene Insekten bei weitem nicht den hohen Nahrungsbedarf ab. Jetzt gilt eine der wenigen Ausnahmen für eine Zufütterung. So füttern Sie Igel nach dem Winterschlaf richtig:
- Futterhaus bauen mit zwei 10×10 cm kleinen Einschlupflöchern
- Schale aufstellen mit Katzenfutter oder einem Mix aus Igel-Trockenfutter und Rührei
- in den ersten Tagen die Futtermenge schrittweise erhöhen
- flache Schale mit frischem Wasser aufstellen
- Futter und Wasser täglich erneuern
Die Zufütterung ist lediglich als Überbrückung gedacht, bis es in freier Natur genügend Insekten zu erbeuten gibt. Spätestens ab Ende April/Anfang Mai reduzieren Sie die tägliche Futtermenge, damit ihr stacheliger Kostgänger sich auf Jagd begibt. Endgültig geschlossen wird die Futterstelle, wenn ein junger Igel mindestens 500 Gramm und ein erwachsener Igel 1000 Gramm auf die Waage bringt.
Igel auswildern nach Winterschlaf – so geht es
Tierfreunde mit eigenem Garten leisten Igelauffangstationen wertvolle Hilfe bei der Auswilderung von Jungigeln, wenn sie von Hand aufgezogen wurden. Mitunter sind ehemals untergewichtige, junge oder erwachsene Igel nach einer kontrollierten Überwinterung im neuen Revier auszusetzen. Sachkundige Auswilderung bedeutet ein zeitaufwändiges Prozedere und hat nicht zu tun mit halbherzigem Aussetzen im nächsten Gebüsch. So wildern Sie einen Igel richtig aus:
- mobiles, ausbruchsicheres Freigehege aufstellen auf ebener Fläche mit mindestens 5 m² (besser 10 m²)
- mittig ein Schlaf- und Futterhaus platzieren mit 10×10 cm kleinen Ein- und Ausgängen
- Igel ins Freigehege setzen
- für 5 bis 7 Tage füttern
- Gehege öffnen und für weitere 7 Tage Futterstelle täglich befüllen
- ab 7. Tag die tägliche Futtermenge um ein Drittel reduzieren
Dank dieser Verfahrensweise kann der Igel in aller Ruhe sein neues Revier erkunden und die besten Plätze für saftige Insekten und fette Käfer ausfindig machen. Die weiterhin bestückte Futterstelle gibt ihm dabei die nötige Rückendeckung. Wenn Sie nach einer Woche die Futtermenge reduzieren, lernt Ihr stacheliger Zögling ohne Stress, dass er fortan selbständig für seine Nahrung sorgen muss.
Häufig gestellte Fragen
Wann gehen Igel in den Winterschlaf?
Wenn sich im Spätherbst Insekten in der Natur rar machen, veranlasst akuter Nahrungsmangel Igel zum Beginn des Winterschlafs. Bevor der Boden gefroren ist und erster Schnee fällt ziehen sich die Tiere in ihr winterliches Nest zurück. In der Regel gehen Männchen Mitte Oktober in den Winterschlaf. Weibchen futtern zumeist vier Wochen länger für ihr Winterspeck.
Wann erwachen Igel aus dem Winterschlaf?
Pünktlich zum Beginn des Frühlings erwachen Igel aus dem Winterschlaf. Männchen verlassen das Schlafnest bereits Mitte März, wohingegen Weibchen erst Anfang April aufwachen. Im Verlauf der monatelangen Ruhephase haben die Tiere durchschnittlich ein Drittel ihres Gewichtes verloren. Experten vermuten, dass männliche Igel einige Wochen früher aufwachen, weil sie sich rechtzeitig vor Beginn der anstrengenden Paarungszeit neue Fettreserven anfuttern müssen.
Wie viel muss ein Igel für den Winterschlaf wiegen?
Bis in den September hinein werden Igeljunge geboren. Diese Nachzügler fallen im Spätherbst häufig auf, weil sie sich tagsüber auf Futtersuche begeben. Treffen Sie auf ein Jungtier, können Sie es wiegen. Mindestens 500 Gramm sollte ein Igeljunges auf die Waage bringen, nicht krank oder verletzt sein. Für einen erwachsenen, gesunden Igel liegt die Untergrenze bei 900 bis 1000 Gramm.
Worauf ist zu achten, wenn wir einen Igel aussetzen nach dem Winterschlaf?
Einen Igel nach dem Winterschlaf auszuwildern, bedeutet nicht, ihn einfach in ein Gebüsch im Garten zu setzen. Vielmehr ist ein langsamer Gewöhnungsprozess zu absolvieren. Stellen Sie für 5 bis 6 Tage ein Gehege mit Futterstelle auf. Hat der Igel gelernt, dass es hier eine Nahrungsquelle gibt, wird das Gehege geöffnet und für weitere 7 Tage mit gefülltem Futternapf ausgestattet. So kann der Igel sein Revier stressfrei auskundschaften. Nach einer Woche entfernen Sie Gehege und Futterstelle.
Darf ich einen Igel im Winterschlaf umsetzen?
Umsetzen von einem Igel im Winterschlaf sollte nur in dringenden Ausnahmefällen stattfinden. Im Vorfeld bereiten Sie am geschützten, schattigen Standort einen neuen Winterschlafplatz vor. Als Schlafhaus eignet sich beispielsweise eine alte Weinkiste aus Holz. Sägen Sie zwei katzensichere Ein- und Ausgänge mit 10×10 cm aus. Polstern Sie das Innere aus mit Stroh, Laub und Moos. Erst wenn das neue Winterquartier bezugsfertig ist, sollten Sie den Igel umsetzen.
Können Igel kurz vor Beginn oder während des Winters ausgewildert werden?
Für einen gesunden Igel mit Normalgewicht ist das problemlos möglich. Als Wildtiere sind Igel hervorragend angepasst auf ein Leben in freier Natur, unabhängig von der aktuellen Jahreszeit. Problematisch wird es allerdings für einen Jungigel mit Untergewicht, selbst wenn er ansonsten gesund ist. Mit weniger als 500 Gramm verfügt das Jungtier nicht über ausreichende Fettreserven, um den monatelangen Winterschlaf zu überleben. Für diesen Notfall stehen Igelauffangstationen bereit, um gefährdete Igel unter kontrollierten Bedingungen zu überwintern und erst im folgenden Frühling auszuwildern.
Was ist der Unterschied zwischen Winterschlaf und Winterruhe?
Begeben sich Tiere in Winterschlaf, fahren sie sämtliche Lebensfunktionen drastisch zurück. Die Körpertemperatur sinkt deutlich unter 10 Grad Celsius und geatmet wird lediglich zwei- bis dreimal pro Minute. Echte Winterschläfer sind Siebenschläfer, Murmeltiere oder Igel. In Winterruhe bleiben Körpertemperatur, Atemfrequenz und Herzschlag nahezu normal. Es kommt immer wieder zu kurzen Wachphasen, um Nahrung aufzunehmen. Auf diese Überlebensstrategie greifen Eichhörnchen, Braunbär und Waschbär zurück.
Tipp
Buntstifte sind das perfekte Rüstzeug, damit Kinder die Natur im Allgemeinen und den Igel im Besonderen entdecken. Verschiedene Quellen im Netz bieten ein kostenloses Ausmalbild an rund um das Thema schlafender Igel, wie der große Wissensverlag für Kinder „Schule und Familie“.