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Heilpflanze des Jahres 2018: Andorn – Wirkung & Anwendung

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So urteilte bereits im 9. Jahrhundert Abt Walahfrid, der damals zu den berühmtesten Dichtern seiner Generation zählte. Dass der gerade vom Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg zum diesjährigen Favoriten gekürte Andorn gegen Verdauungsbeschwerden und bei Katarrhen der Atemwege hilft, ist allerdings schon vor vielen Generationen dokumentiert worden. Dennoch sind die gesundheitsfördernden Eigenschaften der „Arzneipflanze des Jahres 2018“ hierzulande hauptsächlich in Fachkreisen bekannt.

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Der Andorn war einst eine der beliebtesten Heilpflanzen
AUF EINEN BLICK
Welche Heilpflanze wurde 2018 ausgezeichnet und wofür ist sie bekannt?
Die Heilpflanze des Jahres 2018 ist der Andorn (Marrubium vulgare), der seit etwa 2000 Jahren in der europäischen Medizingeschichte präsent ist. Traditionell wird Andorn bei Verdauungsbeschwerden und Atemwegserkrankungen eingesetzt, da seine Bitterstoffe den Gallenfluss fördern.

„Der Andorn ist seit etwa 2000 Jahren Teil unserer europäischen Medizingeschichte und gehörte einst zu den beliebtesten Heilpflanzen“ und: „Den Andorn kann jeder in seinem Garten einpflanzen. An einem sonnigen Ort wächst er ganz prima.“ berichtet Dr. Johannes Gottfried Mayer vom Institut für Geschichte der Medizin von der Uni Würzburg. Aber, welch ein Widerspruch zur Realität? Wenn der weltweit anerkannte Spezialist für Arzneimittelpflanzen ebenfalls feststellt, dass die Wirkstoffe, der vor allem im Mittelmeerraum anzutreffenden Heilpflanze aktuell gerade noch in zwei Medikamenten gegen Erkältungskrankheiten zu finden wären. Das scheint im Übrigen, wie wir bei unseren Recherchen festgestellt haben, bei vielen Pflanzen, die der Klostermedizin zugeordnet sind, mehr oder weniger der Fall zu sein, wenn wir den Verlauf der Chronik „Arzneipflanzen des Jahres“ etwas näher betrachten.

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2001 Arnika
2002 Stechender Mäusedorn
2003 Artischocke
2004 Pfefferminze
2005 Gartenkürbis
2006 Thymian
2007 Hopfen
2008 Rosskastanie
2009 Fenchel
2010 Efeu
2011 Passionsblume
2012 Süßholz
2013 Große Kapuzinerkresse
2014 Spitzwegerich
2015 Echtes Johanniskraut
2016 Echter Kümmel
2017 Echter Hafer
2018 Andorn

Medizinische und kuriose Wirkungen von Andorn

Von der Antike bis zur Neuzeit wurden dem Andorn die unterschiedlichsten Heilwirkungen zugeordnet. Neben dem Einsatz bei Lungenerkrankungen und starkem Husten zählten Knochenbrüche und Verstauchungen, Krämpfe und selbst Schwindsucht sowie Asthma zu den Anwendungsgebieten des Andorns. Der bereits oben genannte Walahfrid Strabo ging da sogar noch ein Stückchen weiter und preist den Andorn nicht nur bei „starken Beklemmungen der Brust“, sondern auch als schnelles Mittel gegen Giftanschläge, etwa durch böse Stiefmütter an: „Sollten die Stiefmütter in feindseliger Absicht Gifte zubereiten und in das Getränk mischen oder Eisenhut zum Verderben in trügerische Speisen mengen, so vertreibt ein Trank des heilkräftigen Andorn, unverzüglich eingenommen, die lebensbedrohenden Gefahren.“ (Zitat: „Arzneipflanze des Jahres 2018“ Quelle: Welterbe-Klostermedizin)

Andorn aus dem eigenen Kräutergarten

Der Anbau der Pflanzen für die pharmakologische Verwendung erfolgt heute überwiegend in Osteuropa bzw. Marokko. An den für Heilpflanzen eigentlich typischen Standorten wie Wegränder, auf Weideland oder in Wäldern ist Andorn nur selten zu finden und steht in einigen europäischen Ländern sogar auf der Roten Liste von bedrohten Arten, die nicht mehr gesammelt werden dürfen. Im Hausgarten gedeiht er vorzugsweise auf nährstoffreichen, mäßig trockenen Böden, lässt sich leicht ziehen und breitet sich ebenso schnell aus, ohne von Schädlingen befallen zu werden.

Klostermedizin für die Hausapotheke

Völlig unkompliziert ist die Zubereitung von Tees, die am besten mit Blättern von anderen Pflanzen gemischt werden, um bei Verdauungsbeschwerden und Atemwegserkrankungen zu helfen, wie Dr. Mayer empfiehlt. „Die Bitterstoffe fördern den Gallenfluss, was bei der Fettverdauung hilfreich ist“, so der Medizinhistoriker und meint weiter: „Wahrscheinlich ist er nur deshalb als Arzneipflanze zurückgegangen, weil bitter nicht mehr so populär ist“.

Bei der Zubereitung für Heilzwecke nutzt man am besten die oberen Sprossspitzen während ihrer Blütezeit im Juni, die auf einer Länge von ca. 10 cm abgeschnitten werden. Nach dünnschichtigem Trocknen bei guter Belüftung ist die aromageschützte Trocknung besonders wichtig um die wertvollen Bestandteile der Arzneipflanze zu erhalten.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass die von uns gegebenen Informationen nicht dazu genutzt werden können, um Krankheiten oder körperliche Beschwerden selbst zu erkennen und/oder zu therapieren. Wenden Sie sich in solchen Fällen bitte stets an einen Arzt oder Apotheker Ihres Vertrauens. Auch bei unserem nächsten Thema steht die Gesunderhaltung im Vordergrund, auf die unsere Ernährung besonders im Winter einen wesentlichen Einfluss hat:

Bilder: Werner Spiess / Shutterstock