Schlafmohn-Ernte: So funktioniert die Gewinnung
Der Schlafmohn ist eine faszinierende Pflanze mit vielfältigen Facetten, von der Herstellung von Lebensmitteln bis hin zu rechtlichen Aspekten. Dieser Artikel beleuchtet die Pflanze, die Gewinnung ihrer Produkte sowie deren Verwendung und rechtliche Rahmenbedingungen.
Die Schlafmohnpflanze und ihre Samenkapseln
Schlafmohn (Papaver somniferum) ist eine einjährige Pflanze, die aus einer tiefreichenden Pfahlwurzel eine Höhe von bis zu 1,5 Metern erreichen kann. Der stielrunde Stängel ist oft kahl und trägt blaugrüne, eiförmige Blätter, die unregelmäßig gezähnt oder gesägt sind. Von Juni bis August blüht der Schlafmohn mit großen, auffälligen Blüten, die weiß, violett oder rot gefärbt sein können. Diese Blüten sind kurzlebig und verlieren ihre Blütenblätter nach zwei bis drei Tagen.
Nach der Blütezeit entwickeln sich kugelige bis eiförmige Fruchtkapseln, die Porenkapseln genannt werden. Diese sind bis zu 5 Zentimeter groß und enthalten zahlreiche nierenförmige Samen. Beim Reifeprozess öffnen sich die Kapseln durch kleine Poren unter einer endständigen Krone und streuen die Samen aus. Jede Samenkapsel kann hunderte bis tausende Samen enthalten. Die Samen variieren in ihrer Farbe je nach Sorte und können weißlich, grau oder blauschwarz sein.
Die Vielfalt der Mohnsamen hinsichtlich Farbe und Ölgehalt hängt stark von der Zuchtsorte ab. Ziersorten des Schlafmohns besitzen oft besonders dicht gefüllte Blüten, während Nutzvarietäten schlichtere Blüten haben. Aufgrund seines hohen Samen- und Blütenansatzes ist Schlafmohn auch eine attraktive Pflanze für Beete und Rabatten in privaten Gärten. Der Anbau von Schlafmohn unterliegt jedoch gesetzlichen Regelungen, die bei der Aussaat zu beachten sind.
Die Gewinnung des Milchsaftes
Ein bis zwei Wochen nach der Blütezeit beginnt die Gewinnung des Milchsaftes. In den Abendstunden werden die unreifen, jedoch angeschwollenen grünen Mohnkapseln angeritzt, um den weißen Milchsaft freizusetzen. Dieser Saft trocknet über Nacht an der Luft und nimmt eine braune Färbung an. Am nächsten Morgen wird der getrocknete Milchsaft, auch Rohopium genannt, von der Kapsel abgekratzt.
Dieser Vorgang kann bis zu mehreren Wochen wiederholt werden, bis die Kapsel keine Milch mehr liefert. Jede Kapsel liefert zwischen 20 und 50 Milligramm Rohopium, das einen variablen Morphingehalt zwischen 3 und 23 Prozent aufweist. Der manuelle Anritzprozess ist zeitaufwendig und erfordert Geschick, bleibt jedoch in traditionellen Anbaugebieten gängig. Korrektes Anritzen und rechtzeitige Ernte beeinflussen den Samen-Ertrag nicht negativ.
Traditionelle und moderne Erntemethoden
Traditionell wird Schlafmohn per Hand geerntet, wobei jede Mohnkapsel einzeln angeritzt wird. Dieser Prozess beginnt etwa 8 bis 10 Tage nach dem Verlust der Blütenblätter. Der austretende Milchsaft trocknet innerhalb weniger Stunden und wird am nächsten Morgen abgeschabt. Die manuelle Ernte ist äußerst arbeitsintensiv; für die Produktion von 1 Kilogramm Rohopium sind bis zu 300 Arbeitsstunden und die Bearbeitung von etwa 20.000 Pflanzen notwendig.
In der modernen Landwirtschaft kommen zunehmend maschinelle Erntemethoden zum Einsatz. Diese Geräte können mehrere Pflanzenreihen gleichzeitig bearbeiten und den Milchsaft mechanisch extrahieren. Maschinelle Ernte verringert den Arbeitsaufwand erheblich und erlaubt die Bearbeitung großer Flächen in kurzer Zeit, birgt jedoch das Risiko, dass der Milchsaft die Mohnsamen verunreinigt.
Die Wahl der Erntemethode hängt von den regionalen Gegebenheiten und verfügbaren Ressourcen ab. Während in traditionellen Anbaugebieten die Handernte überwiegt, setzen industrielle Betriebe auf maschinelle Techniken.
Mohnsamen und ihre Verwendung
Die ölreichen Samen des Schlafmohns (Papaver somniferum) sind besonders in der Lebensmittelindustrie beliebt. Mohnsamen haben einen Fettgehalt von 40-50% und eignen sich für die Herstellung von hochwertigem Mohnöl, das vor allem in der asiatischen und orientalischen Küche Verwendung findet. Dieses Öl wird meist kaltgepresst und ist ideal für kalte Speisen wie Salate und zur Verfeinerung nach dem Kochen.
Mohnsamen können roh, gemahlen oder geröstet verwendet werden. Das Rösten intensiviert das Aroma und macht die Textur knuspriger. In Europa sind Mohnsamen eine übliche Zutat in Backwaren wie Mohnkuchen, Mohnbrötchen und Germknödeln. In der modernen Küche werden sie oft in Müslis, Salatdressings und als Garnierung verwendet. Aufgrund ihres angenehm nussigen Geschmacks und ihrer knusprigen Textur sind sie auch in gesunden Frühstücksbowls beliebt.
Neben kulinarischen Anwendungen sind unreife Mohnsamen reich an Nährstoffen wie Kalzium und B-Vitaminen. Zwar weisen Mohnsamen einen sehr geringen Morphingehalt von etwa 0,005% auf, was gesundheitlich unbedenklich ist, können aber bei massivem Verzehr zu positiven Drogentests führen.
In Deutschland werden jährlich etwa 8.000 Tonnen Mohnsaat verarbeitet. Zur Samengewinnung wird fast ausschließlich der Schlafmohn verwendet, da andere Mohnarten weniger ergiebig sind.
Rechtliche Aspekte des Schlafmohnanbaus
Der Anbau von Schlafmohn unterliegt in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, strengen rechtlichen Regelungen, da die Pflanze zur Herstellung von Opium verwendet werden kann. In Deutschland ist der Anbau von Schlafmohn grundsätzlich genehmigungspflichtig und wird durch das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) reguliert. Ohne behördliche Genehmigung ist der Anbau strafbar und kann mit Haftstrafen oder Geldbußen geahndet werden. Auch für den privaten Anbau auf kleinstem Raum ist eine Genehmigung erforderlich.
Hobbygärtner müssen einen schriftlichen Antrag bei der Bundesopiumstelle stellen. Diese Genehmigung wird zunächst für drei Jahre und eine maximale Anbaufläche von zehn Quadratmetern erteilt und kostet 95 Euro. Eine kostenfreie Verlängerung ist möglich, jedoch dürfen nur bestimmte morphinarme Sorten wie „Mieszko“, „VIOLA“ und „ZENO MORPHEX“ angebaut werden.
In Österreich ist der Anbau von Schlafmohn erlaubt und hat traditionelle Wurzeln, besonders im Waldviertel, das für den Anbau von Graumohn bekannt ist. Hier besteht keine Genehmigungspflicht für den Anbau.
Trotz des hohen Morphingehaltes in Teilen der Pflanze ist der Verzehr von Mohnsamen in Lebensmitteln unbedenklich. Dennoch können mohnhaltige Speisen in seltenen Fällen zu positiven Ergebnissen bei Drogentests führen.